BMW M5 im Fahrbericht - schwerer Brocken ist verdammt schnell

  25 Oktober 2024    Gelesen: 69
  BMW M5 im Fahrbericht - schwerer Brocken ist verdammt schnell

BMW bringt den neuen M5 als Plug-in-Hybrid. Das Internet macht sich lustig über das Gewicht des Zweimotorers. Kann ein hybridisierter M5 überhaupt funktionieren? ntv.de hat erste Runden mit dem Business-Sportler gedreht.

Die erste Begegnung mit dem neuen BMW M5 muss noch ein bisschen warten. Denn ich will mir noch einmal in Erinnerung rufen, wie alles angefangen hat. Wie die M GmbH das Ende der Siebziger fertig entwickelte Vierventil-Meisterstück M88 erst in den wahnsinnig exklusiven M1 gepackt hat, um dann in den Achtzigern einen M5 als Topmodell der E28-Baureihe (damaliger Fünfer) zu kreieren für einen zwar noch exklusiven, aber doch schon größeren Kundenkreis. Ich will verstehen, wie das Urmodell M5 funktioniert, um dann zu schauen, was nach rund 40 Jahren aus dem M5 geworden ist.

Natürlich kenne ich schon die Kritikpunkte der Fans am neuen G90 (so heißt der brandneue M5 intern), ohne dass sie jemals gefahren wären. Zu leise, zu schwer. Ist klar. Ich starte mal mit dem E28 aus den Achtzigerjahren. Hier treffen 286 PS aus 3,5 Litern Hubraum auf schmale 1,4 Tonnen. Dass der erste M5 seine Coolness heute nicht mehr aus den Fahrleistungen zieht, liest man schon am Beschleunigungswert: 6,5 Sekunden bis 100 km/h hauen keinen Autofan mehr vom Hocker. Trotzdem schön, zu erleben, wie der geschmeidige Reihensechser launig Richtung 5000er-Marke dreht und dezent Druck im Kreuz erzeugt. Er darf sogar 7500, aber ich trau mich nicht. Und die Fahrt im M5 ist eine Auffrischungsstunde in Automobilgeschichte. Aufdringlich-lauter Motorsound? Nicht die Spur, der Sechszylinder ist weder kernig noch über Gebühr präsent. M5 statt Siebener für lange Strecken? Wen die fehlende Automatik nicht stört, bitteschön.

BMW bekommt CO2-Minimierung und V8 unter einen Hut

Nach der kurzen und erhellenden Runde juckt es mich aber doch. Ich möchte langsam wissen, wie der G90 fährt. Das ganze Internet fragt sich ja spöttisch, wie der sich überhaupt bewegen könne ob des gewaltigen Leergewichts. Zugegeben, mit 2,4 Tonnen Masse bringt der Alltagsathlet gefühlt nicht die optimalen Voraussetzungen mit, um als künftiges Ringtaxi Bestleistungen abzugeben. Denkt man so. Andererseits: Hand aufs Herz, welcher M5-Eigner fährt schon mit der ganzen Familie in die Eifel, um die Nordschleife unsicher zu machen? Es ist eben nicht ganz einfach, CO2-Minimierung und Achtzylinder unter einen Hut zu bekommen.

BMW hat den Raum geschaffen, um CO2-arm produzierte Energie zu bunkern, und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Immerhin steckt ein Akku mit 18,6 kWh Nettokapazität unter dem Blech, der als Quelle für einen 197 PS starken Elektromotor dient. Ob man mit dem M5 im Alltag daherstromert, was 67 Kilometer lang funktioniert gemäß WLTP und der Powerlimousine die attraktive 0,5-Regelung beschert (Dienstwagensteuer), oder mit voller Last die umliegenden Landstraßen unsicher macht, obliegt allein der akuten Lust und Laune.

Wenn man die Pressemappe zum M5 liest, entdeckt man die Erzählung, die Einführung des Plug-in-Hybrids bereichere die M5-Familie um eine weitere Facette - vergleichbar mit der Einführung des Zehnzylinders oder der Turboaufladung. Das muss man erst mal verarbeiten. Vielleicht gibt es ja Interessenten, die Trost in der schieren Zahl finden. Zusammen mit dem 585 PS starken 4,4-Liter-V8 bringt es der Antriebsstrang nämlich auf 727 ausgewachsene Pferde und 1000 Newtonmeter Drehmoment. Das klingt jetzt nicht unspaßig. Aber nur geradeaus - 3,5 Sekunden bis 100 km/h und 10,9 Sekunden bis 200 km/h laut Werk - kann jeder, wie man so schön sagt.

Jetzt könnte man den Münchenern Böses unterstellen bei dem Gedanken, dass sie ihre 5,10 Meter lange Powerlimousine für erste Testfahrten ausgerechnet nach Garching gebracht haben und eben nicht zur Nordschleife oder wenigstens zu einem anderen Track dieser Welt. Um zu kaschieren, dass das Schwergewicht nicht wirklich quer kann? Doch keine Sorge, das Veranstaltungsteam hat für viele Hundert Kilometer Landstraße mit spannenden Wechselkurven gesorgt, um zu zeigen, dass auch der jüngste M5 das Kapitel Fahrspaß beherrscht.

Nicht laut, aber V8 wohldosiert

Wer nun anmerkt, BMW habe in die Trickkiste gegriffen, um mit Features wie Hinterachslenkung sowie variabler Lenkübersetzung Querperformance zu erzwingen, muss auch über den Tellerrand schauen. Wenn der Elfer-Turbo an der Hinterachse einlenkt, darf es auch der stärkste Fünfer. In der Praxis fallen dann schon ein paar Sachen auf, die das M5-Erlebnis auf den ersten Blick - sagen wir mal - einschränken. Der (gesetzlich bedingte) "Silent"-Start dämpft das V8-Erlebnis zu Anfang ein bisschen - im wahren Sinne des Wortes. Andererseits muss ein morgendlicher Motorstart nicht die Nachbarschaft aufwecken. Immerhin kann man auch Antriebskonfigurationen auf die beiden M-Tasten am Lenkrad legen. In "Sport" ist der 4,4-Liter immer am Start und gibt eindeutige Töne von sich. Und dann klingt der M5 durch und durch nach Achtzylinder, wenngleich nicht ohrenbetäubend. Gut so!

Das im Getriebe sitzende Elektroaggregat muss mit von der Partie sein, denke ich mir später, wenn der Viertürer mit vollem Schub die Autobahn-Einfädelspur hinauffegt. Der wandlerlose Achtgangautomat schiebt eine Übersetzung nach der anderen nach und lässt die trotz irrer Performance nicht unkomfortable Limousine (variable Dämpfer machen es möglich) dank "M Driver's Package" bis 305 Sachen durchziehen bei entsprechend freier Autobahn. Was willst du mehr?

Einen M5 natürlich, der sich leichtfüßig und präzise kurvige Pässe in Windeseile hinaufschraubt. Kannst du haben, vor allem im Modus mit Hinterradantrieb. Da in diesem Kontext aber auch das Stabilitätsprogramm deaktiviert wird, ist eine gekonnte Hand am Lenkrad und die Extraportion Vorsicht angesagt. Ich lasse die vereinte Kraft von Stromer und Verbrenner lieber durch das Verteilergetriebe auch an die Vorderräder gelangen, um maximalen Grip zu erzielen. Und ganz ehrlich, nach zweieinhalb Tonnen (mit Besatzung) fühlt sich der M5 mitnichten an. Er verschlingt Kehren mit führerscheingefährdendem Tempo, wenngleich du schon merkst: Das ist kein Caterham. War aber auch der Vorgänger mit knapp zwei Tonnen (inklusive Besatzung) nicht. Und generell ist der Fünfer ein großes Auto geworden, weist inzwischen Oberklasse-Maße auf.

Ein M5 fasst auch heute noch emotional an

Noch einmal zum emotionalen Part. Die eine oder andere neumodische Spielerei kann sich das Fünfer-Topmodell nicht verkneifen. M-Sound an oder aus - ja, da gibt es in den unerschöpflichen Menüs auf dem "Curved Display" eine entsprechende Schaltfläche. Die Techniker haben versprochen, alles Menschenmögliche getan zu haben, um Motorklang zu erzeugen inklusive Klappensteuerung. Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten eben. Das sogenannte "Schub-Blubbern" entweicht einem Lautsprechersystem, klingt aber real. Das V8-Bollern ist garantiert echt, der M5 ist schließlich ein Achtzylinder. Und er klingt auch bei ausgeschaltetem Sound nach V8, wenn auch nicht so laut wie vor einigen Jahren. Ich finde es gut, denn ein Auto muss nicht laut sein, sondern soll fein klingen. Check.

Sonst noch etwas? Dass man im M5 inzwischen auch Youtube auf dem integrierten Display nutzen kann - geschenkt. Dass die Hinterbänkler ihr Dasein mit genügend Beinfreiheit auf feinen Sesseln fristen, Binse. Dass du mindestens 144.000 Euro auf dem Konto haben musst, um dir einen M5 zu leisten. Stimmt, aber lässt sich mit einem hoffentlich attraktiven Leasingangebot vielleicht ein bisschen abfedern. Ein Traumauto gibt es eben für die meisten Autofahrer nicht in erschwinglich. In dieser Disziplin ist der M5 ganz der Alte. Das gilt selbst im Jahr 2024.

Quelle: ntv.de


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