Bevor jetzt über den XC90 gesprochen wird, sollte man wissen: Volvo wollte ursprünglich ab 2030 nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge ausliefern. Weil man sich aber nicht mehr genau abzuschätzen traut, ob das realistisch ist, formuliert der Hersteller inzwischen vage. Daher könnte passieren, dass man auch nach dem Jahr 2030 noch Verbrenner oder zumindest Plug-in-Hybride im Volvo-Modellprogramm findet.
Beispielsweise den XC90, der sich jetzt aufgefrischt präsentiert. Seine Modellpflege ist aber, wie man früher sagte, eher ein Stoßstangen-Facelift. Ein bisschen Kosmetik hier, etwas Feinschliff dort und gut ist. Exakt so wirkt es denn auch; die wichtigste Änderung betrifft die Front. Hier haben die Designer einen schönen Kniff gefunden, wie man mit ein wenig Umgestaltung ein großes Resultat erzielen kann. Speziell gegenläufig platzierte Streben im Kühlergrill ziehen mit ihrem extravaganten Muster die Blicke der Passanten an. Neu eingefärbte Rückleuchtengläser machen dagegen das Heck ein bisschen frischer.
Noch wichtiger aber sind die Änderungen innen. Denn hier geht es nicht nur um innenarchitektonisches Feintuning, sondern um die Verbesserung von Infotainment. Und die tut not, denn das bisher mickrige Display in der Mittelkonsole war 2024 keinesfalls mehr State of the Art. Jetzt zeigt sich der Touchscreen endlich in einer angemessenen Größe (elf Zoll). Das dürfte von den Kunden gut angenommen werden, auch wenn der Monitor ein bisschen so wirkt, als sei er nachträglich in die Landschaft gesetzt worden. Wie es besser geht, sieht man beim EX90. Aber ein komplett neues zu entwickeln, war eben nicht im Budget.
XC90 mit noblem Innenraum
Ansonsten wirkt die Architektur echt schnieke mit feinen Holzintarsien, wertig wirkenden Sesseln und einer generell soliden Verarbeitungsqualität. Volvo ist schon eine Premiummarke, da gibt es nichts. Aber auch durch und durch? Nein, denn ein gehobenes SUV von 4,95 Metern Länge zum Preis von rund 100.000 Euro müsste eigentlich einen ambitionierteren Antrieb haben. Da reicht ein Vierzylinder nicht mehr aus, jedenfalls nicht bei der Topversion.
Bei der Einstiegsvariante (B5) hingegen mag der wohlbekannte Zweiliter-Vierzylinder ja noch in Ordnung gehen, aber wenn man hohen fünfstelligen Betrag auf den Tisch legt, darf man schon Sechszylinder erwarten oder eben einen rein elektrischen Antrieb. Das zu erwarten wäre freilich unrealistisch, denn gehobene Verbrenner hat Volvo längst nicht mehr im Portfolio. Rein elektrisch geht in diesem Segment neuerdings aber ja mit dem EX90.
Und was die Benziner angeht - hier haben sie Skandinavier ja schon lange auf Vierzylindrigkeit umgestellt, ohne dass man jetzt lautstarke Kundenproteste gehört hätte. Wer nun den Hauch einer Hoffnung hatte - nein, es bleibt exakt bei den gleichen Antriebssträngen wie vorher. Die geneigte Kundschaft darf eben froh sein, dass ihr der XC90 jetzt vermutlich länger erhalten bleibt, als das zu Beginn einmal geplant war. Vielleicht endet seine Laufzeit aber auch doch 2030, sofern die Nachfrage dann abflaut. Wer weiß das heute schon?
B5 hat zehn Newtonmeter mehr Drehmoment
Eine kleine Änderung gibt es in puncto Antrieb übrigens doch. Der B5 Benziner (einen Diesel gibt es sowieso nicht mehr) ist ein paar Milliliter sparsamer geworden, verbraucht inzwischen im WLTP-Mittel 8,5 bis 9,2 Liter je 100 Kilometer. Zudem schiebt der 252 PS starke Zweiliter mit milder Hybridisierung jetzt zehn Newtonmeter mehr in Richtung Getriebeeingangswelle und damit auf insgesamt 360. Das ist allemal genug, um den 2,1-Tonner gemeinsam mit der von Aisin gespendeten Achtgangautomatik hinreichend hurtig in Fahrt zu bringen (7,1 Sekunden bis 100 km/h). Der Schwede muss jetzt keinem Sportwagen hinterhersprinten.
Viel wichtiger sind die wirkungsvollen Dämmmaßnahmen, sodass man von dem Vierzylinder wenig hört, selbst wenn er mal höher dreht. Hier hilft die Akustikverglasung zu 1080 Euro Aufpreis. Check. Ist allerdings lediglich für die Top-Line zu haben. Und die für das Segment etwas zu profan wirkende Klangfarbe des Triebwerks freilich bleibt als kleiner Makel zurück.
Immerhin muss der Volvo-Händler XC90-Interessenten mit Leistungshunger trotz Vierzylinder-Thematik nicht nach Hause schicken. Denn es gibt weiterhin den nicht gerade unattraktiven T8 mit 455 PS Systemleistung. Dann wird das Beschleunigen eher zum Erlebnis und geht damit gefühlt über das wirklich nötige Maß hinaus (5,4 Sekunden bis Landstraßentempo).
Bei dem Vortrieb ist es fast ein bisschen Motor-Verschwendung, dass bei 180 km/h der harte Cut kommt, aber das ist eben Volvos marketingtechnisch gekonnt platziertes Verständnis von Sicherheit - schön imagebildend gesetzt. Und sowieso, die Botschaft lautet ja: Du solltest am besten bloß rein elektrisch fahren. Das geht mit 145 PS und rund 15 kWh immerhin bis zu 71 Kilometer lang, wenn man auf den Hersteller hört.
Mehr Spaß machen natürlich beide Triebwerke gemeinsam. Und mehr Spaß macht übrigens auch die rund 2000 Euro teure Luftfederung. Sie pariert kurzwellige Patzer im Asphalt wirkungsvoll und lässt das SUV sämig über langfrequente Wellen flauschen. Mit der serienmäßigen Querblattfeder rangiert der Dämpfungskomfort zwar ebenfalls auf einem soliden Level, aber das Sahnehäubchen fehlt, der Skandinavier rollt etwas trockener über Unebenheiten.
Zum Schluss noch ein Blick auf die praktischen Eigenschaften des auf Wunsch sogar als Siebensitzer anrollenden Volvo. In der Bezeichnung liegt die entsprechende Botschaft. Aber jetzt nicht denken, dass die dritte Reihe der optimale Aufenthaltsort sein könnte, wenn es auf große Reise geht. Außerdem wird das dann nichts mehr mit dem Transport großer Gepäckmengen. Liegt der Fokus ausschließlich auf dem Sachtransport, passen über 1800 Liter selbst in das Gepäckabteil des Hybrid.
Spannend bleibt, ob Volvo auch die Kombis und Limousinen noch modifizieren wird beizeiten. Nächstes Jahr dürften Verbrenner jedenfalls teurer werden im Zuge der strengeren CO2-Grenzwerte. Und dann werden die Karten neu gemischt.
Quelle: ntv.de
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