Klopp erstaunt mit Aussagen über Mourinho

  31 Oktober 2015    Gelesen: 891
Klopp erstaunt mit Aussagen über Mourinho
Im Spiel zwischen Chelsea und Liverpool geht es um mehr als Punkte. Es ist das Duell zweier heißblütiger Trainer. Jürgen Klopp hat für Psychospielchen eigentlich nichts übrig. Doch nun greift er an.
Pünktlich zu Halloween steigt in der Premier League das Duell zwischen Gut und Böse. Wenn am Wochenende der FC Liverpool beim FC Chelsea antritt (Samstag, 13.45 Uhr), treten nicht nur zwei verfeindete Mannschaften gegeneinander an, sondern mit Jürgen Klopp und José Mourinho auch zwei völlig unterschiedliche Trainerpersönlichkeiten. Zwei, die darüber hinaus blendend unterhalten. Und zwar jeder auf seine Weise.

"The Normal One" gegen "The Special One" lautet die Paarung, die für einen von beiden schon den Knock-out bedeuten könnte. Mourinho steht in London vor dem Aus, Klopp befindet sich gerade im Aufwind. Besser kann ein Plot gar nicht sein.

Dazu passte es wie gemalt, dass sich pünktlich zum Start des neuen James-Bond-Films unter der Woche Geheimagenten-Darsteller Daniel Craig als glühender Klopp-Fan outete. "Ich bin überglücklich, dass er da ist", sagte der Schauspieler. "Ich bin absolut überzeugt von ihm. Er wird Liverpool guttun." Mit dieser Meinung ist er in England derzeit nicht alleine.

Mourinhos spezielle Logik

Während Klopp an der Seitenlinie den ungestümen Outlaw gibt, sein Team mitreißt und die Zuschauer von den Sitzen, tritt Mourinho an der heimischen Stamford Bridge in der Rolle des Sheriffs von Nottingham auf. Ein großspuriger Despot, der sich mit der ihm eigenen Selbstherrlichkeit bereits den Strick gedreht hat. Der Portugiese hat zuletzt jedenfalls alles dafür getan, seinen Ruf als größter Querulant der Liga zu zementieren.

Zuerst demontierte er seine Teamärztin, dann legte er sich wiederholt mit den Schiedsrichtern an, wurde auf die Tribüne verwiesen und stellte nach Chelseas Niederlage gegen Stoke City im Pokal seine Mannschaft in den Senkel. Wenn das Team gegen ihn spiele, dann wäre ja nicht er schuld, sondern die Mannschaft, gab der Portugiese zu Protkoll. Auf eine derart verquere Logik muss man erst mal kommen.

Klopp sind solche rhetorischen Winkelzüge fremd. Für intellektuelle Psychospielchen hat er eigentlich nichts übrig. "Ich bin gar nicht clever genug, um mich an so was zu beteiligen", witzelte er mal gegenüber englischen Reportern, als sie zwischen Mourinho und ihm einen Konflikt heraufbeschwören wollten. Das war zu der Zeit, als Borussia Dortmund den spanischen Rekordmeister aus der Champions League ballerte.

Mourinho war damals Trainer bei Real Madrid und hatte Klopp vorgeworfen, er rede zu viel. "Dann halte ich eben meinen Mund", antwortete der Deutsche lapidar und nahm damit der aufziehenden Fehde umgehend den Wind aus den Segeln.

"Oh Gott, ich liebe diesen Mann"

Mourinho mag mehr Titel haben als sein Widersacher, Klopp aber schart das Fußballvolk hinter sich. Für den 48-Jährigen könnte die Situation vor dem Schlager gegen Chelsea besser kaum sein. Noch kein Mal verloren, das Team aus seiner Lethargie geweckt und pünktlich zum Spitzenspiel den ersten Sieg eingefahren. Nach dem couragierten Auftritt seiner Elf im Ligapokal fliegen dem Trainer aus allen Winkeln des Königreichs jetzt schon die Sympathien zu.

"Oh Gott, ich liebe diesen Mann", schrieben weibliche Fußballfans völlig verzückt auf Twitter, nachdem sie Klopps Starkstrom-Auftritt im Pokal gesehen hatten. Und Liverpools Verteidiger Alberto Moreno schwärmte ausführlich von seinem neuen Coach. "Er will, dass du dich auf dem Platz ausdrückst. Er fordert nicht nur 100 Prozent, sondern 200 Prozent Einsatz von dir", sagte Moreno dem "Guardian". "Und ich denke, dass ich ihm genau das bieten kann."

Unter Klopps Vorgänger Brendan Rodgers war der Spanier noch auf die Bank verbannt worden. Nun brennt er wieder. Jürgen Klopp wirkt wie die reinste Frischzellenkur für die zuvor lethargischen "Reds".

Spielerisch kein Feuerwerk

Der 23-jährige Moreno steht beispielhaft für den neuen Jugendstil, der unter dem Ex-Dortmund-Coach an der Mersey Einzug hält. Wie früher in der Bundesliga baut Klopp auch in England auf die jungen Talente. Beim Pokalsieg gegen Bournemouth ließ er die zweite Reihe ran, veränderte die Elf gleich auf neun Positionen und gab Nachwuchsspielern wie Cameron Brannagan und Connor Randall eine Chance. Die kicken normalerweise in Liverpools U21.

Das Risiko zahlte sich aus. Das junge Team zerriss sich förmlich für den Coach. Spielerisch blieb das Feuerwerk zwar aus, aber das stört an der Anfield Road niemanden. Die Fans, die auf der weltberühmten Tribüne The Kop stehen, feiern Leidenschaft mehr als technische Brillanz.

Klopps aus dem Ruhrpott importierte "Pöhler"-Mentalität, sein Konzept von engagiertem Gegenpressing und überfallartigem Konterfußball scheinen wie gemacht für den Arbeiterverein. Hier kommt Gleiches zu Gleichem.

Wichtige Spieler fallen aus

Ob die Ehe zwischen Chelsea und Mourinho noch von Dauer sein wird, darüber entscheidet wohl auch der Ausgang des Spiels gegen Liverpool. Der amtierende Meister kämpft in dieser Saison gegen einen verheerenden Abwärtstrend, wurde inzwischen sogar auf Rang 15 gespült. Verunsicherte Spieler, ein angeschlagener Trainer und ein Umfeld, das langsam unruhig wird.

Angeblich soll Vereinseigner Roman Abramowitsch schon einen Nachfolger für Mourinho suchen. Doch der gibt sich unbeeindruckt. "In meiner Karriere stehe ich in jedem Spiel unter Siegzwang", sagte der 52-Jährige. Dass er bereits beim Chelsea-Boss zum Rapport war, wollte er nicht bestätigen: "Dazu muss ich nichts sagen", sagte Mourinho barsch.

Der Portugiese stand schon öfter mit dem Rücken zur Wand, eine derart epische Niederlagenserie ist allerdings auch für ihn ungewöhnlich. Zu allem Überfluss fehlen mit Stammtorhüter Thibaut Courtois und Verteidiger Branislav Ivanovic zwei wichtige Spieler. Im Sturm sind Diego Costa und Pedro fraglich.

Alles okay zwischen den Beiden?

Dennoch warnt Jürgen Klopp vor dem Gegner. "Wenn du verwundet bist, kann dich das manchmal auch stärker machen. Es ist schwierig, aber nicht unmöglich zu gewinnen", sagte der Motivationsexperte. Ein Sieg über Mourinho würde ihm bei den Fans der "Reds" eine Menge Kredit verschaffen. Spätestens seit der Chelsea-Coach Klublegende Steven Gerrard mit seinem fürchterlichen Fehler aufzog, der Liverpool die erste Meisterschaft seit Jahrzehnten gekostet hatte, gilt er an der Anfield Road als Persona non grata.

Offenbar weiß Klopp um diese Befindlichkeiten. Er überraschte vor der Partie mit einer feinen Spitze. "Wenn man kein Journalist oder Schiedsrichter ist, ist er ein feiner Kerl", sagte der 48-Jährige, relativierte aber sogleich: "Er ist emotional, ich bin emotional. Zwischen uns ist alles okay."

Wie brisant das Duell wirklich ist, zeigt die Tatsache, dass man bei den Buchmachern darauf wetten kann, welcher Coach zuerst auf die Tribüne verwiesen wird: Mourinho liegt da nur knapp vor Klopp.

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