Mike Pompeo: Der Undiplomat

  06 Februar 2019    Gelesen: 728
Mike Pompeo: Der Undiplomat

Mauerbau, Venezuela, Abrüstungsvertrag – Außenminister Mike Pompeo unterstützt Donald Trump bedingungslos. Doch der Ex-CIA-Chef scheint eigene Pläne zu haben.

Zwei Fragen, mehr lässt Mike Pompeo nicht zu. Nüchtern wie ein Staatsanwalt hat der Außenminister der Vereinigten Staaten nicht weniger als das Ende einer außenpolitischen Ära verkündet, den Fall dargelegt, die Beweise und Argumente. Für seinen Auftritt im fensterlosen Presseraum des Washingtoner State Departments braucht Pompeo nur neun Minuten. Neun Minuten für die Presse, zwei Fragen im Anschluss, das ist schon viel für den 55-Jährigen. Dann ist Schluss. „Have a great day.“ Der Außenminister verlässt den Raum.

Zuvor hat Pompeo an diesem 1. Februar erklärt, die USA würden sich ab dem nächsten Tag nicht mehr an die Verpflichtungen aus dem noch aus Zeiten des Kalten Krieges stammenden INF-Atomabrüstungsvertrag mit Russland gebunden fühlen. Der nächste Tag, das ist der 2. Februar, an dem eine von US-Präsident Donald Trump Anfang Dezember gesetzte 60-Tages-Frist ausläuft. Moskau sollte in dieser Zeit seinen Willen zur Zusammenarbeit beweisen. Das hat es nicht, weswegen sich die USA nun zum Handeln gezwungen fühlen – und die Welt ein neues Wettrüsten fürchtet. Viele Fragen, zum Beispiel die, was die USA nun konkret vorhaben, ob sie neue landgestützte atomare Mittelstreckenraketen entwickeln und auf europäischem Boden stationieren wollen, bleiben unbeantwortet.

Als Pompeo um 8.40 Uhr den Raum verlässt, ist es draußen vor dem State Department in der Zwischenzeit kaum heller geworden, schon in der Nacht hat der Schneefall begonnen, die Straßen und Bäume hier in Foggy Bottom sind weiß. Das Viertel im Westen der Hauptstadt, das vom Potomac-Fluss bis nach Georgetown reicht, heißt zu Deutsch „Neblige Senke“, ein Name wie gemacht für das häufig schwer zu durchschauende Außenamt der Vereinigten Staaten. Längst ist Foggy Bottom zum Spitznamen des Ministeriums geworden.

Er versprach, die Fahne der Diplomatie hochzuhalten

Das Nebulöse ist nicht auf Mike Pompeo persönlich gemünzt. Aber der 55-Jährige, der seit April des vergangenen Jahres an der Spitze des Ministeriums steht, tut wenig dafür, dass die Sicht auf die Außenpolitik der letzten verbliebenen Supermacht klarer und verständlicher wird. Das liegt auch daran, dass er in vielen Fragen zunehmend wie ein Hardliner agiert, obwohl er zum Amtsantritt doch verneinte, einer zu sein – und versprach, die Fahne der Diplomatie hochzuhalten.

Dabei ist der qua Amt oberste Diplomat der USA von seinem ganzen Wesen her alles andere als ein Diplomat. Das zeigte seine Rede in Brüssel Ende des vergangenen Jahres, als er mal schnell die bestehende internationale Ordnung und die Legitimität multilateraler Organisationen wie der EU, der UN oder des Weltwährungsfonds infrage stellte. Auch scheinen nicht wenige in seinem Ministerium inzwischen daran zu zweifeln, dass er überhaupt viel von Diplomaten hält.

Da war dieser Brief während des fünfwöchigen Shutdowns, in dem Pompeo betroffenen Mitarbeitern seinen Dank für ihre Geduld aussprach, aber gleichzeitig wie immer vor allem die Politik von Trump verteidigte. Dessen Mauer, deretwegen die rund 800 000 Regierungsangestellten im Haushaltsstreit auf ihr Gehalt verzichten mussten, werde die Sicherheit der Amerikaner erhöhen, schrieb er.

Das kam nicht gut an. US-Medien berichteten von Klagen selbst hochrangiger Diplomaten, dass dies zeige, wie wenig Respekt er vor ihnen habe. Genauso wie die Tatsache, dass er trotz des teilweisen Regierungsstillstands seine Ehefrau Susan auf eine mehrtägige Nahostreise mitnahm. Dass solche Klagen überhaupt öffentlich werden, zeigt, wie es um die Moral im Außenministerium bestellt ist. Doch der Hausherr Pompeo ignorierte die Bedenken und sprach bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi davon, dass alle hinter der Politik des Präsidenten stünden: „Die Moral ist gut.“

tagesspiegel


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