Es ist nicht das erste Mal, dass Mohammed Dschavad Sarif die Nase voll hat. Schon zweimal kündigte der iranische Außenminister seinen Rücktritt an, zweimal lehnte die Regierung von Präsident Hassan Rohani ab - und Sarif machte weiter.
Sarif steht seit Monaten unter Druck - von zwei Seiten. Seit US-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr das Atomabkommen mit Iran kündigte, ist der wirtschaftliche und diplomatische Druck auf Teheran ständig gewachsen. Zugleich hat der Austritt der USA aus dem Abkommen Sarifs wichtigste außenpolitische Leistung schwer beschädigt und den von ihm vertretenen Kurs der vorsichtigen Öffnung gegenüber dem Westen diskreditiert. Seitdem ist der moderate Außenminister noch mehr zur Zielscheibe der Hardliner geworden, die das Abkommen als Zeichen der Schwäche von vornherein abgelehnt hatten.
Wie isoliert Sarif inzwischen ist, wurde deutlich, als der syrische Präsident Bashar al-Assad Iran am Montag einen Besuch abstattete, um sich für die Unterstützung Teherans im Bürgerkrieg zu bedanken.
Auf den Bildern, die den Diktator zusammen mit Irans Staatsoberhaupt, dem religiösen Führer Ali Chamenei, im Kreise iranischer Würdenträger zeigen, fehlt der Außenminister. Er war offenbar weder informiert noch eingeladen worden. Ein Affront, dessen Symbolik in der iranischen Politik gar nicht zu überschätzen ist: Sarifs Abwesenheit war ein deutliches Zeichen, dass Chamenei, der mächtigste Mann der Islamischen Republik, dem Außenminister seine Unterstützung entzogen hat.
Eine iranische Website zitierte Sarif dann auch mit den Worten, er habe als Außenminister mit diesem Besuch seine Glaubwürdigkeit in der Welt verloren.
Beim Besuch dabei war dagegen Qassem Suleimani, Kommandeur der Quds-Einheit, der Elitetruppe der Revolutionsgarden, ein erklärter Hardliner und so etwas wie der "Nebenaußenminister" der Islamischen Republik. Schon seit Langem hat Sarif damit zu kämpfen, dass Irans Außenpolitik in der Region, vor allem im Irak und in Syrien, aber auch gegenüber Saudi-Arabien, Jemen und Libanon de facto von den Revolutionsgarden bestimmt wird.
Sarif war das freundliche Aushängeschild der Islamischen Republik, vor allem nach Westen, während die Revolutionsgarden in der Region Fakten schufen. Schon zuvor hatte Sarif in Interviews davor gewarnt, dass die Position des Außenministeriums erodiere. Offenbar sah er sich zunehmend als machtlos, während die Hardliner ihren Einfluss ausbauen konnten.
Sarif gab keine Gründe für seinen Rücktritt an, bezeichnete aber am Dienstag die Kämpfe zwischen den Fraktionen der iranischen Politik als "tödliches Gift" für die Außenpolitik des Landes. Sein angekündigter Rücktritt ist Teil des Machtkampf zwischen Hardlinern und Gemäßigten. Hält er Wort, würde das Lager der Gemäßigten weiter geschwächt. Sarifs Rücktritt könnte dann den ersten Schritt zur Abkehr Irans vom Atomabkommen bedeuten.
Sarif hatte in den vergangenen Wochen zudem vergeblich versucht, in der iranischen Politik Zustimmung zum internationalen Regelwerk gegen Geldwäsche(Financial Action Task Force) zu organisieren. Die Zustimmung ist Voraussetzung dafür, dass die EU ihren geplanten Finanzkanal einrichtet, mit dem sie die Handelsbeziehungen mit Iran trotz der amerikanischen Sanktionen aufrechterhalten will. In den heftigen Diskussionen warf Sarif den Hardlinern indirekt vor, dass sie die Regeln ablehnten, weil sie selbst in Geldwäsche verwickelt seien.
Präsident Hassan Rohani hat zuletzt erklärt, dass er das Rücktrittsgesuch nicht annehmen wird. Ob Sarif vielleicht doch noch einmal einem Rücktritt vom Rücktritt zustimmt, dürfte aber weniger vom Präsidenten abhängen als von Chamenei. Der religiöse Führer ist nach wie vor das Machtzentrum des Landes - ohne ein klares Bekenntnis von Chamenei zu seinem Außenminister dürfte es für Sarif keinen Sinn machen, im Amt zu bleiben.
spiegel
Tags: