Mutierte Corona-Variante vermutlich schon in Deutschland

  21 Dezember 2020    Gelesen: 683
  Mutierte Corona-Variante vermutlich schon in Deutschland

Die in Großbritannien entdeckte Variante des Coronavirus ist laut Christian Drosten vorerst kein Grund, in Panik zu verfallen. Bisher sei die Datenlage noch zu lückenhaft, um verlässliche Werte zu nennen.

Der Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass die in Großbritannien zirkulierende neue Variante des Coronavirus Deutschland bereits erreicht hat. »Ich denke, dass das schon in Deutschland ist«, sagte Drosten am Montagmorgen im Deutschlandfunk. »Dieses Virus ist ja jetzt gar nicht so neu. Davon darf man sich jetzt wirklich nicht irgendwie aus der Ruhe bringen lassen.«

Premierminister Boris Johnson hatte am Samstag behauptet, die kürzlich entdeckte Variante sei um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock hatte gesagt, die neue Variante sei »außer Kontrolle«. Mehrere Staaten hatten daraufhin am Wochenende die Einreise aus Großbritannien gestoppt. Der wichtige britische Hafen Dover am Ärmelkanal sowie der Eurotunnel wurden um Mitternacht geschlossen. In Deutschland dürfen zunächst bis zum 31. Dezember keine Flugzeuge aus dem Vereinigten Königreich mehr landen.

Drosten äußerte Zweifel an der wissenschaftlichen Gewissheit des von Johnson genannten Wertes: »Diese Zahl ist einfach so genannt worden.« Politiker würden solche Zahlen nennen, Medien nähmen diese auf. »Plötzlich steht so ein Wert im Raum – 70 Prozent – und keiner weiß überhaupt, was damit gemeint ist.«

Mutation an Rezeptorbindungsstelle
Um zu wissen, ob ein Virus besser oder schneller übertragbar sei, müsse man schauen, wer wen infiziert habe und wie lange das gedauert habe. »Bei aller Kenntnis über dieses Virus würde einen das wundern, wenn sich so ein Parameter jetzt noch erheblich verändern würde«, sagte Drosten. An der Sequenz des Virus sehe man, dass es eine Mutation in der Rezeptorbindungsstelle gebe. Die Bindung an den Rezeptor sei stärker. Das müsse aber nicht unbedingt besser sein für das Virus. 

Die neue Variante komme seit Ende September in England vor und sei im Oktober noch überhaupt nicht im Fokus gewesen. »Wir wissen jetzt: Es ist schon in Italien, in Holland, in Belgien, in Dänemark – sogar in Australien. Warum sollte es nicht in Deutschland sein?«

Dass Viren mutieren, ist zunächst nicht unbedingt besorgniserregend. Auch Sars-CoV-2 ist bereits mehrfach mutiert. Im Sommer hatte sich etwa eine Variante, die vermutlich in Spanien entstanden ist, in Europa verbreitet. »Wir wissen, dass Sars-CoV-2 pro Genom pro Monat im Schnitt zwei Mutationen ansammelt, was für ein Coronavirus nicht ungewöhnlich ist«, sagte die Epidemiologin Emma Hodcroft Anfang November dem SPIEGEL. Bedenklich werde es erst, wenn es um Bereiche des Virus gehe, die für die Immunantwort und die Impfstoffentwicklung wichtig seien.

spiegel


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