Mandel-OPs bei Kindern: Ärzte fordern Terminstopp

  16 Januar 2023    Gelesen: 505
  Mandel-OPs bei Kindern: Ärzte fordern Terminstopp

Seit Jahresanfang erstatten die Krankenkassen für manche Operationen weniger Geld an Operateure. Auch für Mandeloperationen ist dies der Fall. Zwei Ärzteverbände rufen nun zu einem Stopp von Terminvergaben auf - obwohl es bereits einen "Versorgungsnotstand mit monatelangen Wartezeiten" gebe.

Berufsverbände haben HNO-Ärzte zur Aussetzung von Mandeloperationen bei Kindern aufgerufen. Bis zu einer deutlich verbesserten Bezahlung durch die Krankenkassen sollten ab sofort bundesweit keine neuen Termine für Mandeloperationen bei Kindern vergeben werden, erklärte der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte (BVHNO) und die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO) in Berlin. Sie begründeten dies mit einer Kürzung der Erstattungsbeträge zu Jahresbeginn.

Konkret geht es vor allem um die sogenannte Adenotomie mit Paukenröhrchen, bei der die Rachenmandeln oder umgangssprachlich Polypen entfernt und die Belüftung des Mittelohrs verbessert werden, sowie um die Tonsillotomie, die operative Teilentfernung der Gaumenmandel. Beide Eingriffe werden in der Regel bei Kindern zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr vorgenommen.

Operiert werden Kinder mit vergrößerter Rachenmandel beziehungsweise Gaumenmandel. Die Vergrößerung führt zu Atemstörungen oder Atemaussetzern, Schlafstörung, behinderter Nasenatmung und verschlechterter Belüftung der Mittelohren, was wiederum zur Hörminderung oder zu Mittelohrentzündungen führen kann. "Je länger eine Mittelohrerkrankung bestehen bleibt, umso mehr steigt die Gefahr, dass sich eine bleibende Hörstörung ergibt", warnte DGHNO-Präsident Orlando Guntinas-Lichius. Bei kleinen Kindern könne sich die Sprachentwicklung verzögern.

Fass für Ärzte "übergelaufen"

Durch die jahrelange Unterfinanzierung des ambulanten Operierens sei es bundesweit allerdings "zu einem eklatanten Versorgungsnotstand mit monatelangen Wartezeiten auf dringend benötigte Operationen bei kleinen Kindern gekommen", kritisierten die Verbände. Die jüngste Kürzung der Erstattungsbeträge für die Eingriffe zum Jahresbeginn habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Es bleibe nichts anderes übrig, als mit einem Aussetzen der Operationen auf die katastrophale Lage aufmerksam zu machen und die Verantwortlichen zum Handeln zu bewegen, heißt es in der Mitteilung.

Einem Bericht des "Ärzteblatt" zufolge zahlen Krankenkassen nach der jüngsten Kürzung für eine Adenotomie-Operation nur noch knapp 105 Euro. Eine Lasertonsillotomie kann nur noch mit etwa 170 Euro abgerechnet werden. Als Reaktion auf die Kürzung hatte der BVHNO vor dem Jahreswechsel bereits betont, dass gleichzeitig aber die Kosten für ambulante Operateure durch steigende Hygieneanforderungen, wachsende Raum-, Personal- und Materialkosten sowie die Inflation stark angestiegen seien.

"Es erreichen uns täglich Meldungen von Operateuren, weil sie mit verzweifelten Anfragen für die Eingriffe förmlich überrannt werden", berichtete nun BVHNO-Präsident Jan Löhler. Manche Kinder müssten ein halbes Jahr und länger auf eine Operation warten. Gleichzeitig seien die Eingriffe unter wirtschaftlichen Bedingungen "nicht erbringbar". Viele Operateure hätten "bereits das Handtuch geworfen und die Eingriffe aus ihrem Leistungsspektrum gestrichen".

Weiterer Verband unterstützt

Die Verbände rechnen mit einer hohen Beteiligung der Ärzteschaft an der Protestaktion, die demnach auch vom Deutschen Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie unterstützt wird. Der Aufruf gilt den Verbänden zufolge so lange, bis eine gesicherte Zusage für eine deutliche Anhebung der Bezahlung komme.

In Deutschland gab es im Jahr 2021 laut Bundesärztekammer rund 6500 berufstätige HNO-Fachärztinnen und -Fachärzte. Davon sind circa 4500 in einer Arztpraxis tätig und rund 1600 in einem Krankenhaus. Über eine Genehmigung zum ambulanten Operieren verfügen schätzungsweise 3000 HNO-Ärztinnen und -Ärzte.

Quelle: ntv.de, mpe/AFP


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