Im Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar ist es zum Eklat gekommen. Richter Juan Merchan platzte bei der Befragung des Entlastungszeugen Robert Costello in New York der Kragen, weil dieser die Entscheidungen Merchans infrage zu stellen schien. Costello, der den Kronzeugen Michael Cohen unglaubwürdig machen sollte, antwortete mehrfach auf Fragen, zu denen Merchan zuvor den Einspruch der Staatsanwaltschaft zugelassen hatte.
Der Richter belehrte den Zeugen - Costello ist selbst Jurist - dass dieser in solchen Fällen nicht antworten dürfe. Zu einem stattgegebenen Einspruch sagte Costello dann vernehmlich "Jeesh" - übersetzbar etwa mit "Oh mein Gott". Merchan ließ die Geschworenen in der Folge aus dem Saal bringen und sagte zu dem Trump-Verbündeten Costello: "Ich möchte in meinem Gerichtssaal über den richtigen Anstand sprechen". Er verbitte sich Kommentare zu seinen Entscheidungen.
"Starren Sie mich nieder?"
Als Costello den Richter dann fortwährend finster anschaute, platzte es aus Merchan hörbar verärgert heraus: "Starren Sie mich nieder?" Er ließ daraufhin den Saal räumen - mithilfe lauter und schneidender Anweisungen des Personals im Gericht. Journalisten und Beobachter durften Saal 1530 nach einigen Minuten wieder betreten, die Befragung wurde fortgesetzt.
Costello, ein ehemaliger Bundesanwalt in New York, ist für den Fall relevant, weil er in den Jahren seit der spektakulären Zerrüttung zwischen Trump und seinem Ex-Anwalt Michael Cohen ein scharfer Kritiker des Trump-Vertrauten war. "Michael Cohen hat mehrfach gesagt, dass Präsident Trump nichts von diesen Zahlungen wusste und dass er dies auf eigene Faust getan hat, und er hat das mehrfach wiederholt", sagte Costello den Geschworenen.
Costello hatte angeboten, Cohen zu vertreten, kurz nachdem das Hotelzimmer, das Büro und die Wohnung des Anwalts durchsucht worden waren und Cohen vor der Entscheidung stand, ob er angesichts der strafrechtlichen Ermittlungen in der Hoffnung auf eine mildere Behandlung mit den Behörden kooperieren sollte.
Schlussplädoyers in der kommenden Woche?
Der Prozess gegen Trump neigt sich dem Ende zu. Vor dem Eklat hatte die Anklage nach der Befragung des Kronzeugen Michael Cohen verkündet, dass sie keine weiteren Personen in den Zeugenstand rufen werde. Trump-Anwalt Todd Blanche hatte verkündet, die nun anstehende Befragung von Entlastungszeugen der Verteidigung könnte innerhalb eines Sitzungstages erledigt sein.
Danach könnten die Schlussplädoyers - Richter Merchan nannte als möglichen Termin den Dienstag kommender Woche - und die Beratung der zwölf Geschworenen für ein Urteil folgen. Offiziell gibt es für die Beratungen kein Zeitlimit, für gewöhnlich beraten Jurys aber einige Stunden bis mehrere Tage. Bei einem Schuldspruch würde Richter Merchan das Strafmaß festlegen. Trump droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin Daniels verbessert haben zu wollen. Obwohl die - von keiner Seite bestrittene - Zahlung selbst nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrages an seinen damaligen persönlichen Anwalt Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verbergen. Dies habe die Zahlungen zu illegaler Wahlkampf-Finanzierung gemacht. Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AP
Tags: