Österreich befürchtet, dass nach der Schließung der Balkanroute mehr Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien kommen und ungehindert nach Norden weiterreisen könnten. Renzi dagegen argumentiert, bislang sei keinesfalls ein Anstieg auf dieser Route zu verzeichnen. "Die Realität ist stärker als jeder Alarmismus: Die Migrationssituation wird kontrolliert und überwacht."
Wien plant Notstands-Regelung
Österreich bereitet seit einigen Wochen schärfere Asylgesetze vor und die umfassende Grenzsicherung am Brenner. Im Laufe des Tages präsentiert die österreichische Polizei Details zu den geplanten Kontrollen am wichtigsten Grenzübergang zwischen den beiden Ländern. Nach Informationen der "Tiroler Tageszeitung" könnten sie Ende Mai oder Anfang Juni beginnen. Dann rechne die Polizei mit rund 400 bis 500 Flüchtlingen am Tag. Auch der Zugverkehr werde kontrolliert. Ob ein Grenzzaun errichtet werde, hänge von der Kooperation der italienischen Seite ab, schreibt das Blatt.
Das Parlament in Wien will im Laufe des Tages zudem beschließen, dass im Falle eines "Notstands" praktisch kein Flüchtling mehr ins Land gelassen werden muss. Der "Notstand" tritt ein, wenn die "öffentliche Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit" wegen hoher Flüchtlingszahlen nicht mehr gewährleistet sind. Er wäre zunächst auf sechs Monate befristet und könnte dann mehrfach auf bis zu zwei Jahre verlängert werden.
Die rot-schwarze Koalition aus SPÖ und ÖVP hatte nach der Aufnahme von 90.000 Asylbewerben 2015 beschlossen, dieses Jahr möglichst nicht mehr als 37.500 Flüchtlinge ins Land zu lassen. Die Umsetzung der restriktiven Politik wird auch viele Reisende und Unternehmen betreffen.
Pro Tag eine Million Euro - mindestens
Auch die Wirtschaft sieht Grenzkontrollen kritisch. Am Brenner drohe den Transportunternehmen ein Millionenschaden, sagte der Leiter der Bundessparte Transport und Verkehr bei der Wirtschaftskammer Österreich, Alexander Klacska. So könnten die entsprechenden Wartezeiten und Staus die Logistikbranche pro Tag eine Million Euro kosten. Der Schaden berücksichtige nur die Wartezeit der Lastwagen und noch nicht die indirekten Folgekosten bei den Unternehmen.
Der österreichisch-italienische Grenzübergang ist einer der ganz zentralen Punkte für die Branche speziell auf dem Weg zu den Häfen am Mittelmeer. Pro Jahr fahren sechs Millionen Autos und zwei Millionen Lastwagen über den Pass zwischen Tirol und Südtirol. Die Branche leide ohnehin sehr unter den seit 2015 von deutscher Seite eingeführten Grenzkontrollen, meinte Klacska. An den Grenzübergängen bei Kufstein, Salzburg und Passau staue sich der Verkehr Richtung Deutschland bis zu drei Stunden. Pro Tag entstünden so Kosten für die Branche von bis zu 2,5 Millionen Euro allein an der deutsch-österreichischen Grenze.
Tags: