"Ich wollte mein Land nicht verlassen, aber zwei Wochen nach meiner Freilassung versuchte Jammeh mich heimlich umzubringen", schildert der heute 50-Jährige im Büro eines Karlsruher Vereins zur Unterstützung von Flüchtlingen.
Wie Sabally, so wollen viele Gambier nach Europa. Zehntausende fliehen, machen sich auf einen lebensgefährlichen Weg durch die Sahara und übers Mittelmeer. Backway – durch die Hintertür – nennen die Einheimischen diesen Fluchtweg. Doch die meisten verlassen ihre Heimat aus anderen Gründen, sagt die Migrationsexpertin Fatou Gaye. "Gambier in Europa schicken mit dem Handy Bilder von schönen Autos und Häusern nach Gambia. Klar denkt man dann: Du gehst nach Europa, verdienst dein Geld und kommst zurück. Deshalb kann ich sagen, dass die meisten von ihnen aus wirtschaftlichen Gründen gehen." Gaye selbst hat ihren Neffen bei dem Versuch verloren, als er das Mittelmeer überqueren wollte. Fast jedes Dorf in Gambia könne eine solche Geschichte erzählen, meint sie.
"Auch in Europa muss man hart arbeiten"
Rund 80 Prozent der Einwohner lebt auf dem Land. Von dort ziehen vor allem junge Männer erst in die urbanen Ballungsräume, danach geht es nach Europa. Schätzungen zufolge soll jeder vierte bis fünfte, der es – meist aus Libyen – an die europäische Küste schafft, aus dem westafrikanischen Land kommen. Für die Gesellschaft und die Wirtschaft Gambias ist der Exodus ein Albtraum. "Die Jugendlichen, die gehen, hinterlassen eine wirtschaftliche Lücke. Normalerweise würden sie ihren Eltern auf dem Feld helfen", so die gambische Migrationsexpertin.
Selbst Präsident Yahya Jammeh, der für seinen harten Kurs gegen Oppositionelle, Homosexuelle und Journalisten bekannt ist, will nun gegen die Landflucht vorgehen. Seine Kampagne "Iss, was du anbaust, und bau an, was du isst" soll Arbeitsplätze in der Landwirtschaft schaffen und die hohe Abhängigkeit von Lebensmittelimporten verringern. So soll der Reis zukünftig nicht mehr aus Pakistan oder Nordamerika eingeführt werden, sondern verstärkt auf dem eigenen fruchtbaren Boden wachsen.
"Wenn sie nicht hart arbeiten wollen, wenn sie nach Europa gehen wollen, wird die Kampagne nicht funktionieren. Aber auch in Europa muss man hart arbeiten, da wird einem das Leben nicht auf dem Teller präsentiert", mahnt Fatou Gaye. Sie fordert nicht nur von ihren eigenen Landsleuten mehr Sensibilität für das Thema. Auch die EU sollte sich endlich für die afrikanische Migration interessieren. "Europa und Afrika müssen sich als Partner zusammensetzen und reden. Keine Seite kann das Problem alleine lösen. Deutsche können es alleine nicht, denn es sind ja keine Deutschen, die nach Deutschland fliehen. Es sind Afrikaner, die aus Afrika nach Deutschland gehen."
An diesem Mittwoch und Donnerstag findet in Malta der EU-Afrika-Gipfel statt. Dort soll über die Bekämpfung der Fluchtursachen und die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Rückführung und Rückübernahme diskutiert werden. Auch aus Gambia ist eine Delegation eingeladen.
In Deutschland wird der ehemalige Vizepräsident Sabally demnächst seine Ausbildung beenden. Solange Präsident Jammeh in Gambia an der Macht ist, wird er in seine Heimat nicht zurückkehren können. Doch irgendwann, sagt Sabally, möchte er beim Aufbau Gambias helfen – einem Land, das von seinen Bewohner die lächelnde Küste Afrikas genannt wird.
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