Deutschland schiebt Afrika-Programm an

  13 Juni 2017    Gelesen: 1139
Deutschland  schiebt Afrika-Programm an
In Afrika entscheidet sich, ob die ganz große Flüchtlingskrise noch auf Europa zukommt. Millionen Jobs und Investitionen werden gebraucht. In Berlin trifft Kanzlerin Merkel afrikanische Staatschefs, um ein Programm zur Förderung einiger Musterstaaten zu starten.
Mit 300 Millionen Euro will Bundeskanzlerin Angela Merkel reformorientierten Musterstaaten in Afrika helfen, private Investoren anzulocken. Die Hilfszusage soll die anderen G20-Staaten zu einem stärkeren Engagement auf dem von Konflikten, Flucht und Armut gebeutelten Kontinent bewegen. "Die gute Entwicklung der Welt wird nicht funktionieren, wenn nicht alle Kontinente der Welt daran teilnehmen", sagte Merkel bei einem Gipfeltreffen mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Berlin. Sie betonte, dass wirtschaftliche Entwicklung in Afrika Fluchtursachen und damit auch die Schleuserkriminalität bekämpfe.

Die zweitägige Partnerschaftskonferenz mit Afrika in Berlin bereitet den G20-Gipfel vor, zu dem Merkel für den 7. und 8. Juli nach Hamburg eingeladen hat. Daran nehmen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Wirtschaftsmächte aller Kontinente teil. Afrika wird in Hamburg erstmals ein Schwerpunktthema eines G20-Gipfels sein.

Merkel rief dazu auf, in eine "gemeinsame Zukunft" zu investieren. Es sei wichtig, "nicht über Afrika, sondern mit Afrika zu sprechen", sagte Merkel zum Auftakt der Konferenz, bei der Beratungen mit mehreren afrikanischen Staats- und Regierungschefs geplant sind. Potenziale habe der afrikanische Kontinent etwa bei den erneuerbaren Energien und in der digitalen Entwicklung, sagte Merkel. Zugleich liege die Entwicklung in vielen Ländern noch hinter dem zurück, was angesichts der Bevölkerungsentwicklung nötig wäre. Auch Sicherheit sei nicht überall in Afrika in ausreichendem Maße gewährleistet. In einigen Ländern Afrikas sei "das tägliche Überleben die größte Priorität", sagte die Kanzlerin. "Nur dort wo Sicherheit gewährleistet ist, kann überhaupt Entwicklung stattfinden", betonte Merkel.

"Merkel-Plan" für Afrika

Mehrere afrikanische Staatschef nannten die Initiative der Kanzlerin einen "Merkel-Plan" für Afrika. Der Präsident des Niger, Mahamadou Issoufou, verglich die laufenden Anstrengungen mit dem Marshallplan für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, für den die USA über einen Zeitraum von fünf Jahren viele Milliarden US-Dollar aufbrachten. "Der Merkel-Plan für Afrika, der wird mehr Zeit brauchen", betonte Issoufou. Er betonte aber auch: "Wir brauchen Anstrengungen auf beiden Seiten. Wir brauchen eine Partnerschaft, die auf Win-Win ausgerichtet ist."

Auch der Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Guineas Staatschef Alpha Condé, sprach sich für eine Stärkung der Rolle des Privatsektors in Afrika aus. Der Kontinent habe viele Vorzüge, sagte Condé. So sei die mangelnde Infrastruktur zwar eine Herausforderung, zugleich aber auch eine "Chance für Investitionen", sagte Condé.

Kritik von Hilfsorganisationen

Mit den 300 Millionen Euro will die Bundesregierung in diesem Jahr Berufsbildung und Beschäftigungsprogramme in Tunesien, Ghana und der Elfenbeinküste finanzieren. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bezeichnete die drei Staaten als "Reformchampions". Zu den Kriterien für die Auswahl zählen die Achtung von Menschenrechten, Reformbereitschaft, Korruptionsbekämpfung und Rechtssicherheit. Auf der G20-Liste der Reformstaaten stehen auch Marokko, Ruanda und Senegal sowie Äthiopien als Anwärter. Müller warnte, mit Entwicklungshilfe und privaten Investitionen alleine sei es nicht getan. Die EU und Andere müssten den Staaten Afrikas in Zukunft auch faire Handelsbedingungen anbieten. Die G20-Afrika-Partnerschaft setze aber "ein starkes Ausrufezeichen", sagte der CSU-Politiker.

Hilfsorganisationen begrüßten Merkels Initiative zwar. Es gab aber auch Kritik, dass sie den Fokus zu stark auf Investitionen lege. "Wer den Hunger erfolgreich bekämpfen will, darf nicht nur Investitionspartnerschaften im Blick haben", betonte Bärbel Dieckmann, die Präsidentin der Welthungerhilfe. "Das wäre eine vertane Chance. Die Entwicklung der ländlichen Räume muss Priorität haben, denn noch immer leben drei von vier Hungernden auf dem Land. Die Zukunft Afrikas wird auf dem Land entschieden." Der Dachverband der deutschen Entwicklungshilfsorganisationen (Venro) forderte, "dass die Bundesregierung und die G20 umgehend alle Waffenlieferungen in Konfliktregionen stoppen". Dies gelte insbesondere in die von der aktuellen Hungerkrise betroffenen Staaten Südsudan, Somalia, Jemen und Nigeria.

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