Warum Frauen öfter krank sind, aber Männer früher sterben

  25 November 2015    Gelesen: 789
Warum Frauen öfter krank sind, aber Männer früher sterben
Frauen gehen zur Vorsorge, lesen Gesundheitszeitschriften und passen sogar bei der Apothekenwerbung auf. Männer dagegen halten sich so lang für unverwundbar, bis sie richtig umkippen. Das rächt sich auf Dauer.

Frauen haben keine Angst vor Arztpraxen.

Männer halten Pillen für unmännlich.

Frauen bekommen zu viele Psychopharmaka, Männer zu wenige
Frauen leben im Durchschnitt fünf Jahre länger als Männer. Dafür gibt es verschiedene Gründe, einer davon ist: Männer kümmern sich zu wenig um ihre Gesundheit.
Wenn sie freiwillig zum Arzt gehen, ist es meist fünf vor zwölf. Oft muss die Medizin dann alle Register ziehen, um einen männlichen Patienten wieder auf die Beine zu stellen.

Frauen sind da anders, sie gehen häufiger zum Arzt, sie gehen vor allem frühzeitig. Sie gehen auch, wenn ihnen nichts fehlt – von Jugend an sind sie an regelmäßige Termine beim Gynäkologen gewöhnt.

Schwangerschaft und Geburt findet unter medizinischer Betreuung statt. Vorsorgeuntersuchungen absolvieren Frauen als notwendiges und sinnvolles Übel. Arztpraxen machen Frauen keine Angst.

Frauen sind gute Pharma-Kundinnen

Frauen gehen nicht nur öfter zum Arzt, wenn sie fühlen, es stimmt etwas nicht. Sie nehmen auch mehr Medikamente. Gerd Glaeske, Experte für Arzneimittelversorgung an der Universität Bremen sagt: „Seit viele Mittel, etwa gegen Venenleiden oder Wechseljahrsbeschwerden, nicht mehr verschreibungsfähig sind, bekommen Frauen sogar weniger Medikamente auf Rezept als Männer. Sie kaufen aber viele frei verkäufliche Arzneien.“

Sind Frauen also öfter krank als Männer? Gerd Glaeske sagt: „Sie bekommen sicher häufiger eine ärztliche Diagnose gestellt. Aber das könnte einfach daran liegen, dass sie sensibler auf ihren Körper hören.“ Kassen-Daten zeigen, dass Frauen öfter, Männer dafür länger krankgeschrieben sind.

Frauen bekommen eher Psycho- als Herztabletten

Frauen konsumieren im Vergleich zu Männern ein Vielfaches an Migränemedikamenten und Schilddrüsenhormonen, sie nehmen zwei- bis dreimal mehr Antidepressiva. Auch Schlaf-, Schmerz- und Beruhigungsmittel holen vor allem Frauen in der Apotheke. Der Arznei-Experte sagt: „Bei allen psychotrop wirkenden Arzneien sind Frauen die überwiegenden Verbraucher.“

Anders sieht es bei bestimmten somatischen Erkrankungen aus. „Frauen sind zum Beispiel schlechter mit Diabetes- und Herzmedikamenten versorgt als Männer“, sagt Gerd Glaeske. Sie bekommen weniger oft moderne Rheumamittel verschrieben, obwohl sie dreimal häufiger und früher an rheumatischer Arthritis erkranken als Männer.

Medizinforschung setzt auf junge Männer

Der Grund dafür hat eine lange Tradition und wird erst in den letzten Jahren als ein Fehler im System erkannt: In der medizinischen Forschung ist der Mann die Norm, auch als Proband für Arzneistudien.

Begründet wird das mit der Schwierigkeit, die potenziell schwangere Versuchsteilnehmerinnen für Studien darstellen. Schon im Labor ist die junge männliche Maus das unkomplizierte Standardversuchstier. Die Ergebnisse fließen dann auch in Behandlungs-Leitlinien ein.

Geschlechtsspezifische Medizin für Mann und Frau

Solche gravierenden geschlechtsspezifischen Faktoren für den Verlauf von Krankheiten, ihre Diagnose und Therapie hat die Gender-Medizin zu Tage gefördert, zum Beispiel auch, dass eine Diabetes-Erkrankung sich schneller aufs weibliche Herz auswirkt, oder dass untypische Symptome die Diagnose Herzinfarkt bei Frauen erschweren.

Bei so viel weiblicher Unterversorgung, sollten Männer eigentlich das gesündere und langlebigere Geschlecht sein. Dem ist nicht so. Denn Männer gestehen sich keine Schwächen ein, anderen gegenüber erst recht nicht. Und so sind sie vor allem bei depressiven Erkrankungen völlig unterversorgt.

Männer bleiben Gesundheitsmuffel

„Pillen sind etwas für Schwache, so denken viele Männer immer noch“, sagt Gerd Glaeske. „Ihnen fehlt das weibliche Gesundheitsbewusstsein. Sie gehen daher auch mit Medikamenten nachlässiger um.“ Weil Antidepressiva unmännlich sind, haben Männer vermutlich die höhere Suizid-Rate.

Generell leben viele Männer das totale gesundheitliche Risiko: Stress, Rauchen, Alkohol, wenig Bewegung, ungesundes Essen. Und so kommt es, dass im Alter zwischen 50 und 65 dreimal mehr Männer als Frauen an einem Herz-Kreislauf-Leiden sterben.

Außerdem sind und bleiben Männer trotz vieler gut gemeinter Kampagnen Vorsorge-Muffel, wie Mediziner beklagen. Am Ende kostet die männliche Unvernunft Lebenszeit – im Durchschnitt fünf Jahre.

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