Zwölf SPD-Abgeordnete stellen sich gegen Scholz

  16 März 2018    Gelesen: 1988
Zwölf SPD-Abgeordnete stellen sich gegen Scholz

"Die 'schwarze Null' ist kein finanzpolitisches Programm": Nach SPIEGEL-Informationen kritisieren zwölf SPD-Abgeordnete die Pläne von Finanzminister Scholz - und fordern eine Abkehr von "neoliberalen Ideen".

 

In der SPD verschärft sich die Debatte über die künftige Ausrichtung der Partei. In einem dreiseitigen Thesenpapier, das dem SPIEGEL vorliegt, fordert ein Bündnis von zwölf jüngeren Bundestagsabgeordneten die Parteispitze zu einer Abkehr von "neoliberalen Ideen" und zu einem grundsätzlichen Schwenk in steuer- und sozialpolitischen Fragen auf. Zudem stellen sie sich klar gegen die "schwarze Null", das Leitbild eines ausgeglichenen Haushalts, dem sich Finanzminister Olaf Scholzverschrieben hat.

"Die schwarze Null ist kein finanzpolitisches Programm und kein eigenständiges Ziel", kritisieren die Autoren, die bei der Bundestagswahl im September allesamt zum ersten Mal ins Parlament einzogen. Die rigorose Sparpolitik müsse beendet, die Investitionen in Bildung, Wohnungsbau und die Verkehrsinfrastruktur erhöht werden. Scholz hatte zuletzt mehrfach betont, an der "schwarzen Null" festhalten zu wollen.

Die jungen Sozialdemokraten fordern die SPD in dem Papier auf, sich künftig auch nicht um eine klare Haltung in der Verteilungsfrage zu drücken: "Hohe Einkommen und große Vermögen müssen endlich wieder einen angemessenen Anteil an der Finanzierung gesellschaftlicher Zukunftsaufgaben tragen", schreiben sie.

Eindringlich warnen die zwölf SPD-Abgeordneten ihre Partei davor, den Erneuerungsprozess zu verschleppen. Zu häufig seien inhaltliche Konflikte in der SPD zuletzt mit Formelkompromissen übertüncht worden: "Diese Zeit muss vorbei sein."

"Zukunft nicht kaputtsparen"

Das Papier trägt den Titel: "SPD - linke Volkspartei im 21. Jahrhundert". Unter den Autoren sind unter anderem die Bielefelder Abgeordnete Wiebke Esdar, 34, und Michael Schrodi, 40, aus Fürstenfeldbruck. Der Großteil der Unterzeichner errang ein Direktmandat im eigenen Wahlkreis - auch deshalb müssen sie weniger Rücksicht auf die offizielle Parteilinie nehmen.

"Es darf kein Dogma der schwarzen Null geben", sagt Schrodi. "Wir brauchen über die mit der Union vereinbarten Projekte hinaus mehr Zukunftsinvestitionen."

Der oberbayerische Abgeordneten, der auch im Finanzausschuss sitzt, erklärt: "Es geht uns um die Zukunft der jungen Generation. Wir müssen ihr eine funktionierende Infrastruktur hinterlassen." Man könne "eine Volkswirtschaft nicht so führen, wie die oft zitierte schwäbische Hausfrau ihren Haushalt führt", sagt Schrodi. Er gehört der Parlamentarischen Linken an.

Ähnlich sehen das aber auch junge Bundestagsabgeordnete anderer Strömungen innerhalb der SPD, die an dem Papier beteiligt sind. "Eine vernünftige Haushaltspolitik ist wichtig. Aber man darf die Zukunft nicht kaputtsparen", sagt Mitunterzeichner Falko Mohrs, 33, der zu den pragmatischen Netzwerkern in der Fraktion gehört. Die deutschen Schulen dürften "nicht länger in der Kreidezeit bleiben".

Plädoyer für Rot-Rot-Grün

Die Autoren wollen mit ihrem Vorstoß die Erneuerungsdebatte in der SPD vorantreiben, die durch die Regierungsbildung in den Augen von Kritikern verschleppt zu werden droht. Die designierte Parteichefin Andrea Nahles hat angekündigt, die SPD auch jenseits der Koalition neu profilieren zu wollen. Auf einer Vorstandsklausur ermunterte sie kürzlich die Sozialdemokraten, den künftigen Kurs der Partei offen zu diskutieren. Nahles will mit ihrem Generalsekretär Lars Klingbeil nach Ostern erste Vorschläge zu einer inhaltlichen und strukturellen Parteireform vorlegen.

Unter den Abgeordneten, die das Papier unterzeichnet haben, sind Gegner wie Befürworter einer Großen Koalition. In dem Thesenpapier zeigt sich auch, wie groß die Skepsis vieler junger Genossen gegenüber dem Bündnis mit der Union ist. Künftige Koalitionsoptionen kommen in dem Papier zwar nur indirekt vor. So heißt es, das Ziel der SPD müsse sein, eine "Zukunftsdebatte in der Partei zu führen, in die Gesellschaft zu tragen und am Ende parlamentarische Mehrheiten diesseits von CDU und CSU möglich zu machen".

Deutlicher wird Mitinitiator Schrodi: "Das was wir umsetzen wollen, ist mit der Union auf Dauer nur sehr schwer machbar - dies gilt vor allem für unsere Forderungen nach mehr Verteilungsgerechtigkeit und einer solidarischeren Gesellschaft." Man müsse sehen, mit welchem Partner seine Partei die meisten eigenen Inhalte umsetzen könne, sagt Schrodi. Und weiter: "Die SPD sollte auch für ein rot-rot-grünes Bündnis offen sein."


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Quelle : spiegel.de


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