Auf Schalke stellt sich die Grammozis-Frage

  15 Mai 2021    Gelesen: 2098
  Auf Schalke stellt sich die Grammozis-Frage

Noch zwei Spieltage sind zu gehen, dann hat das Leiden des FC Schalke 04 vorerst ein Ende gefunden. Es endet mit dem Abstieg in die 2. Bundesliga. Dort soll der GAU zügig korrigiert werden. Mit Trainer Dimitrios Grammozis. An dem aber wachsen bereits die Zweifel.

Was soll Dimitrios Grammozis auch anderes machen. Als Trainer des bereits aus der 1. Fußball-Bundesliga abgestiegenem FC Schalke 04 plant er neben einem seriösen Abgang (klappt eher nicht so gut) bereits den Wiederaufbau einer Mannschaft, die seit Monaten in Trümmern liegt und die in gut einer Woche komplett auseinanderbrechen wird. Denn wenn am Samstag in einer Woche das letzte Spiel der Saison abgepfiffen wird, dann werden die allermeisten Profis zum letzten Mal das Trikot der Königsblauen getragen haben. Sie werden das aus verschiedenen Gründen getan haben. Weil sie andere Ambitionen haben. Weil sie zu teuer für Liga zwei sind. Oder aber weil ihnen nicht mehr zugetraut wird, dass sie dem Klub Gutes tun können.

Und die Zweifel sind durchaus berechtigt, denn große Teile des Kaders darben seit anderthalb Jahren der Abstiegshölle mehr oder wenig wehrlos entgegen. Keinem Trainer wollte es gelingen, die Qualität im Kader auszuspielen. Keinem Trainer wollte es gelingen, die emotionale Wende herbeizuführen. Das gelang auch Dimitrios Grammozis nicht. Doch anders als seine Vorgänger, die nach äußerst miserablen Serien meist fix weggeschickt wurden, darf der 42-Jährige bleiben. Was ihn im Amt hält: Er konnte ja nicht noch größeren Schaden anrichten als seine Vorgänger David Wagner, Manuel Baum und Christian Gross. Der Interimstrainer Huub Stevens hat in dieser Aufzählung nichts verloren, auch wenn sein kurzes Wirken ebenfalls reichlich erfolglos war.

Doch spätestens, wenn diese Saison vorbei ist, wenn die Vorbereitung auf die neue Spielzeit beginnt, wenn es darum geht, den Betriebsunfall Abstieg zügig zu korrigieren, dann wird heftig an dem Band gezogen, auf dessen Stabilität sich Grammozis derzeit verlassen kann. Denn für ihn gilt ja die Ansage von Sportvorstand Peter Knäbel, dass es weitergeht. Auch wenn die Garantie zuletzt, nach einer peinlichen zweiten Halbzeit bei der TSG Hoffenheim, abgeschwächt wurde. "Wir haben definitiv die feste Absicht, mit Grammozis in die neue Saison zu gehen", hatte Knäbel bei Sky90 gesagt. Nach absolutem Urvertrauen klingt das nicht.

Dazu passte eine brisante "Bild"-Meldung aus der vergangenen Woche. Demnach traten Knäbel und Rouven Schröder, der neue Sportdirektor, nach der Pleite in Hoffenheim an den umworbenen Steffen Baumgart ran. Der galt schon länger als Kandidat in Gelsenkirchen. Doch mit dem klaren Bekenntnis zu Grammozis hatte man sich früh den Weg verbaut, als Baumgart jüngst seinen Rückzug beim SC Paderborn zum Saisonende verkündet hatte. Nun, der Trainer dementierte fix einen Kontakt, er hat dem 1. FC Köln zugesagt. Nun geht es erst Mal weiter mit Grammozis.

Kaum Argumente für sich gesammelt

All zu viele Argumente für sich und zwingende Fortsetzung seiner Arbeit hat allerdings auch der fünfte Trainer der Saison bislang nicht für sich vorbringen können. Vier Punkte aus neun Spielen und 4:19 Tore stehen in seiner Bilanz. Bei der TSG kassierten die Königsblauen bereits die 22. Saison-Niederlage. Seit 27 Auswärtsspielen wartet Schalke auf einen Dreier. Die nächste könnte gegen Eintracht Frankfurt hinzukommen. Dann stünde auch fest, dass Schalke der schlechteste Absteiger seit Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995 ist. Das sind vernichtende Zahlen. Grammozis trägt nicht die Hauptschuld daran, natürlich nicht, aber eben auch eine Teilschuld. Und ihm wird der Makel angeheftet, dafür verantwortlich zu sein, dass Schalke erstmals seit 30 Jahren wieder abgestiegen ist.

Es ist ein Makel, der ihn für viele Fans und Experten für den Wiederaufbau "verbrennt". Und anderem der meinungsfreudige Sky-Experte Dietmar Hamann sah schon Mitte April die Notwendigkeit für den nächsten Trainerwechsel in diesem Sommer. Indes auch, weil sich unter Grammozis wenig bis nichts zum Besseren verändert hatte. Weil er bei der Aufstellung nicht mutig war, an den Spielern festhielt, die seit Wochen und Monaten regelmäßig enttäuschten. Es ist eine Kritik, mit der der Trainer immer häufiger konfrontiert wurde. Warum nicht knallharter Umbruch? Warum nicht einfach voll auf die Spieler setzen, die mit in Liga zwei gehen, oder die zumindest für den Wiederaufbau infrage kommen (könnten). Tatsächlich hatte Grammozis vor einigen Wochen bereits mal beklagt, dass von außerhalb sehr viel in seine Arbeit hingesungen werde. Da geht es um den radikalen Einbau von Talenten oder auch um Spielzeit für die "Stars", damit die ihren Verkaufswert noch einmal steigern können. Sicher auch ein zulässiges Argument für den klammen Verein.

Das war Grammozis daraus machte, war weder das eine, noch das andere. Zwar spielten immer wieder neue Talente mit, aber selten konstant und dauerhaft. Für die kommende Saison bedeutet das nun auch: Neben den Spielern aus der eigenen Knappenschmiede werden externe Verstärkungen dringend benötigt. Und da vertraut der Trainer auf die Anziehungskraft des Traditionsvereins. "Man merkt, dass Schalke für viele Spieler interessant ist. Viele haben Bock auf die Aufgabe und warten eher auf uns als wir auf sie."

Als beste Beispiele führt er die beiden bisherigen Neuzugänge Simon Terodde (Hamburger SV) und Danny Latza (FSV Mainz 05) an, sie hatten "ganz andere Optionen und haben sich dennoch für uns entschieden. Und so wird es auch bei vielen anderen sein." So wolle man für das Ziel direkter Wiederaufstieg "eine coole Truppe bauen. Jeder, der zu Schalke kommt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Das ist kein normaler Verein mit 08/15-Geschichte. Schalke ist mehr als ein Vertrag. Da ist Tradition dahinter, da ist auch Druck dahinter." Das gilt mit Saisonbeginn mehr denn je vor allem für den Trainer.

Quelle: ntv.de, tno


Tags:


Newsticker