In den beiden Provinzen Kilis und Hatay hat die türkische Armee in den letzten Tagen rund 7.000 Soldaten in Stellung gebracht, doppelt soviele Soldaten als während der letzten Offensive in Nordsyrien. Zwischenzeitlich gab es bereits mehrere Vergeltungsschläge der türkischen Armee gegen Stellungen der Volksverteidigungseinheiten (YPG), einer Miliz die von der Türkei als syrischer Ableger der Terrororganisation PKK betrachtet wird. Bei den Vergeltungsschlägen mit Artilleriebeschuss wurden in den letzten Tagen vor allem Stellungen rund um die Stadt Afrin, aber auch Ziele entlang der befreiten Zone zerstört, die während der Operation "Schutzschild Euphrat" von der Terrormiliz IS befreit wurden. Der türkische Generalstab begründete die Vergeltungschläge mit Angriffen auf türkische Grenzstationen sowie Stellungen der Freien Syrischen Armee sowie zivilen Ortschaften im Distrikt A'zāz durch die YPG.
Die nächste militärische Operation hatte Staatspräsident Erdogan vor Wochen mit den Worten "wir werden unmittelbar und unangekündigt kommen" angekündigt und damit auf die intensiven Bemühungen der "Partei der Demokratischen Union“ (PYD) unter dem Vorsitz von Salih Muslim reagiert. Muslim drängt die westliche Gemeinschaft sowie Russland dazu, Afrin als Folge des syrischen Bürgerkriegs Anfang 2014 zum Hauptort einer der drei Verwaltungseinheiten der autonomen kurdischen Region Rojava anzuerkennen. Zuletzt hatte die YPG durch diese Bemühungen auch Waffenlieferungen in größerem Ausmaß von den USA erhalten. Die Lieferung wurde von der Türkei scharf verurteilt. Die USA sicherten der Türkei zu, die Waffen nach dem Kampf gegen die IS auch wieder einzusammeln.
Nach den Vergeltungschlägen des türkischen Militärs hatte der Vorsitzende der PYD, Muslim, Russland um Unterstützung gebeten und russische Militäreinheiten angefordert. Laut jüngsten türkischen Medienberichten hat Russland jedoch die letzte russische Einheit aus der Stadt Afrin abgezogen. Experten sehen darin eine "Freigabe" zum handeln der Türkei. Die türkische Regierung sieht in den Bemühungen der PYD, die ein politischer Ableger der PKK ist und 2003 von ihr in Syrien gegründet wurde, die nationale Sicherheit akut gefährdet. Seit längerem versuchte die türkische Regierung, die Vereinigung der drei von der PYD ausgerufenen Verwaltungseinheiten zu verhindern.
Ende August 2016 setzte der Staatspräsident die Armee unter dem Operationsnamen "Schutzschild Euphrat" in Syrien in Bewegung. Bis Ende des Jahres 2016 hatte die türkische Armee in Zusammenarbeit mit der Freien Syrischen Armee das Distrikt A'zāz von der Terrormiliz IS befreit, vor allem aber einen Keil zwischen die Distrikte Afrin und Ain al-Arab (Kobane) getrieben. Im Februar 2017 gelang es der türkischen Militäroffensive gemeinsam mit Truppen der Freien Syrischen Armee, al-Bab von der Terrormiliz zu befreien, womit die Operation auch für beendet erklärt wurde. Die Kämpfe um die Stadt hatten im November 2016 begonnen.
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