Wenn die Welt da draußen immer komplizierter wird, suchen 14- bis 17-Jährige offensichtlich den Schulterschluss mit Freunden und Familie. "Ein mehrheitlich gemeinsamer Wertekanon vor allem aus sozialen Werten deutet auf eine gewachsene Sehnsucht nach Aufgehoben- und Akzeptiertsein, Geborgenheit, Halt sowie Orientierung in den zunehmend unübersichtlichen Verhältnissen einer globalisierten Welt hin", schreiben die Forscher.
Dem entspreche auch die "generelle Anpassungsbereitschaft und selbstverständliche Akzeptanz von Leistungsnormen und Sekundärtugenden" bei den Jugendlichen – eine Art "Neo-Konventionalismus". Jugendttypische Werte wie der Wunsch nach Selbstentfaltung bleiben zwar stark – die auf Abgrenzung und Provokation zielenden großen Jugend-Subkulturen gehören demnach weitgehend der Vergangenheit an.
Offenbar herrscht weitgehende Einigkeit darüber, in der besten aller Welten zu leben: "Eine Mehrheit ist sich einig, dass gerade in der heutigen Zeit ein gemeinsamer Wertekanon von Freiheit, Aufklärung, Toleranz und sozialen Werten gelten muss, weil nur er das "gute Leben", das man in diesem Land hat, garantieren kann", heißt es.
Werte sind wichtiger als Religion
Insgesamt steige die Akzeptanz für Vielfalt und religiöse Toleranz – auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Junge Muslime sind zwar noch stärker im Glauben verankert als ihre christlichen Altergenossen, distanzieren sich aber demonstrativ von Islamismus. Wichtiger als Religionen sind den Jugendlichen gemeinsame Werte. Allerdings haben die Forscher bei Teilen der Jugend durchaus noch massive Vorbehalte gegen soziale Randgruppen oder Zuwanderer ausgemacht.
Für die Studie hat das Heidelberger Sinus-Institut 72 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren in zweistündigen Einzelinterviews nach ihren Wert- und Zukunftsvorstellungen befragt. Die Ergebnisse der qualitativen Studie seien zwar nicht im statistischen, wohl aber im psychologischen Sinne repräsentativ, heißt es. Auftraggeber sind die Deutsche Bischofskonferenz, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung sowie die VDV-Akademie.
Das Sinus-Institut hatte bereits 2008 und 2012 die jugendlichen Lebenswelten untersucht. Erstmals stellt sich 2016 eine gewisse Sättigung im Umgang mit den digitalen Medien ein. Die digitale Durchdringung des Alltags ist total; nahezu 100 Prozent der Jugendlichen sind im Prinzip ständig online und möchten das auch nicht missen. Gleichzeitig schwindet die bedingungslose Faszination für das Netz – zumal die eigenen Eltern ja selber permanent am Smartphone hängen.
Die Risiken eines allzu freigiebigen Umgangs mit den eigenen Daten ist mittlerweile bekannt. Der "richtige" Umgang mit digitalen Medien wird vor allem in den bildungsnahen Lebenswelten als anspruchsvolle Aufgabe gesehen. Und: Erstmals äußern junge Leute Wünsche nach Entschleunigung.
Auf Snapchat, Instagram und WhatsApp will zwar kaum jemand mehr verzichten. Aber viele Jugendliche vermuten, dass ihre private Internetnutzung eher abnehmen wird, wenn sie einmal stärker in Beruf und Familie engagiert sind. Analog-Romantik ist aber trotzdem für die meisten keine Option.
Quelle : welt.de
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