Android und iOS gelten allgemein als relativ sicher und das ist nicht ohne Grund so. Sie werden von ihren Herstellern mit sehr restriktiven Benutzerrechten und strengen Vorgaben für Software-Installationen versehen und sind im Vergleich zu einem alltäglichen Windows-System regelrecht zugenagelt. Das hat aber auch die Konsequenz, dass es für Entwickler komplizierter bis unmöglich ist, eine App zu schreiben, die eine Fernwartung inklusive Steuerung erlaubt. Android lässt hier immerhin etwas mehr Freiheiten zu als iOS.
Android
Um ein Android-Smartphone oder -Tablet fernzusteuern, muss der App-Entwickler weitgehenden Zugriff auf die Gerätetreiber bekommen. Den braucht er, um ein Eingabegerät aus der Ferne zu emulieren. Die weitaus meisten Geräte erlauben das in der Werkseinstellung nicht. Das Problem lässt sich auf verschiedene Arten umgehen, doch nicht alle sind hier sinnvoll. So kommt es für technisch unbedarfte Freunde und Verwandte nicht infrage, das Gerät zu rooten. Auch eine Software wie AirDroid ist hier nicht hilfreich. Sie nutzt die Android Debug Bridge (ADB), um eine Fernsteuerverbindung zu legitimieren, wofür das Gerät zunächst per USB mit einem PC verbunden werden müsste.
Die bessere Option ist in diesem Anwendungsfall eine handelsübliche Fernwartungssoftware, deren Anbieter mit gängigen Mobilgeräteherstellern zusammenarbeitet, um der App die Sonderrechte für die Fernsteuerung zu gewähren. Dafür kommen vor allem AnyDesk und TeamViewer infrage. Was davon in Ihrem Fall besser geeignet ist, ist auch eine Frage des Ausprobierens, welche Software mit dem Zielgerät besser klarkommt. Ob Sie für den Zugriff die jeweilige Desktop-Software oder eine Mobil-App nutzen, ist übrigens unerheblich - Sie können auch mit einem Smartphone ein anderes fernwarten. Weil der Hilfesuchende bei der Einrichtung der Android-Apps einiges an Hinweisen und Dialogen wegklicken muss, empfehlen wir, das gemeinsam mit ihm durchzugehen - wenn nicht vor Ort, dann zumindest telefonisch.
AnyDesk
Um sein Android-Gerät mit AnyDesk fernwarten zu lassen, muss der Hilfesuchende zunächst die reguläre AnyDesk-App installieren und ein paar Vorbereitungen darin treffen. Beim Start auf Samsung-Geräten wird die App den Anwender bitten, die Bedingungen für Samsungs Sicherheitssystem Knox zu akzeptieren. Bei diversen anderen Herstellern erscheint stattdessen ein Hinweis, dass ein Plug-in installiert werden muss, um eine Fernsteuerung zu ermöglichen. Per Tipp auf "OK" und dann auf die "Get it on Google Play"-Schaltfläche leitet die App den Anwender zum "AnyDesk Control Plugin" im Play Store. Anders als früher stellt AnyDesk ein solches Plug-in inzwischen für recht viele Gerätehersteller bereit: Im Schnelltest gelang eine Fernsteuerung problemlos mit Google Pixel 4, Nokia 5.3 und Xiaomi Mi A2 Lite.
Nach Installation dieses Plug-ins und Rückkehr in die AnyDesk-App erscheint als Nächstes der Hinweis, dass das Plug-in auch aktiviert werden muss, um die Fernsteuerung zu erlauben. Ein Tipp auf "OK" führt nun ins Bedienhilfen-Menü der Android-Einstellungen. Dort tippt der Hilfesuchende auf den unter "Heruntergeladene Dienste" gelisteten Eintrag "AnyDesk Control Service", aktiviert den Schalter "Dienst aktivieren" und bestätigt den Sicherheitshinweis per Tipp auf "Zulassen".
Kehrt der Hilfesuchende nun abermals zurück in die AnyDesk-App, muss er noch einen Hinweis auf Akku-Optimierungen bestätigen und kann Ihnen dann seine neunstellige AnyDesk-Adresse durchgeben, etwa per Telefon oder WhatsApp. Die geben Sie in Ihrer AnyDesk-Software unter "Anderer Arbeitsplatz" ein und klicken auf "Verbinden".
Beim Hilfesuchenden erscheinen in der App nun mehrere Abfragen. Das ist zunächst der Vorabhinweis von Android, dass beim Streamen des Bildschirminhalts eventuell vertrauliche Informationen übertragen werden. Der Hinweis will per Tipp auf "Jetzt starten" bestätigt werden. Dann eine Sicherheitswarnung von AnyDesk, dass es Risiken birgt, andere Personen zugreifen zu lassen - diese muss per Setzen des Häkchens vor "Ich bin mir der Risiken bewusst" und Tipp auf "Akzeptieren" abgenickt werden. Danach folgt noch der eigentliche Bestätigungsdialog für die eingehende AnyDesk-Verbindung (Tipp auf "Annehmen").
An Funktionen bietet AnyDesk für Android bei Weitem nicht so viel wie auf dem Desktop: Außer der Fernsteuerung sind Dateiübertragung und eine gemeinsame Zwischenablage dabei; Chat-Versuche vom Helfer führen aber ins Nichts. Will der Hilfesuchende die Verbindung beenden, geht das am schnellsten über die Android-Benachrichtigungen (Wisch von oben ins Bild) und Tipp auf "Beenden" im AnyDesk-Eintrag.
TeamViewer
Soll das Android-Gerät mit TeamViewer ferngesteuert werden, braucht der Hilfesuchende dafür die App "TeamViewer QuickSupport" aus dem Play Store. Nach Installation, Start und dem Wegwischen ein paar allgemeiner Tipps möchte die App auf den meisten Geräten zunächst die Berechtigung haben, über anderen Apps eingeblendet zu werden. Sie macht mit einem Dialog namens "Special app access required" darauf aufmerksam. Dabei muss der Hilfesuchende auf "Einstellungen" tippen, den Schalter aktivieren und in die QuickSupport-App zurückkehren.
Um auf Samsung-Geräten eine Fernsteuerung zu erlauben, muss wie bei AnyDesk im Regelfall zunächst Knox aktiviert werden. Die App weist beim Start direkt darauf hin und bittet den Hilfesuchenden, die Schaltfläche "Aktivieren" anzutippen. Ähnlich wie bei AnyDesk ist auf Geräten anderer Hersteller ein Add-on vonnöten, das TeamViewer die Berechtigung zur Fernsteuerung verschafft. Die App weist beim Start mit der Meldung "Add-on verfügbar" darauf hin. Ein Tipp auf "Download" führt zum passenden Eintrag im Google Play Store, sodass der Hilfesuchende nur noch auf "Installieren" tippen und danach in die QuickSupport-App zurückkehren muss.
Zwar bietet TeamViewer Add-ons für diverse verschiedene Geräte an. Doch ausgerechnet mit den drei Testgeräten Pixel 4, Nokia 5.3 und Mi A2 Lite, mit denen AnyDesk problemlos klarkam, hatten wir kein Glück. Erst mit einem Blackview BV9000 Pro klappte es. Zudem kann es vorkommen, dass die Bezeichnung des Add-ons im Play Store nicht mit der Gerätebezeichnung übereinstimmt: Für unser Blackview hat TeamViewer das Add-on fürs Ulefone Armor 6 herausgesucht.
Nach der Installation gibt der Hilfesuchende Ihnen seine zehnstellige ID durch, die Sie in Ihrer TeamViewer-Software im Bereich "Computer fernsteuern" unter "Partner-ID" eingeben. Nach einem Klick auf "Verbinden" bekommt Ihr Gegenüber innerhalb der QuickSupport-App eine Anfrage zum Erlauben der Fernwartung, in der er auf "Zulassen" klickt, sowie eventuell einen Android-Hinweis, dass beim Streamen des Bildschirminhalts vertrauliche Informationen übertragen werden könnten (Klick auf "Jetzt starten"). Zu guter Letzt möchte QuickSupport gegebenenfalls noch eine Erlaubnis, den Gerätestandort abzurufen. Nötig ist sie laut der App nur zur Verwaltung von WLAN-Verbindungen - die Berechtigung zu verweigern, hatte zumindest in unseren Versuchen keinerlei negative Auswirkungen.
Beim Funktionsumfang gibt es ansonsten einen Chat, eine Screenshot-Übertragung, eine synchronisierbare Zwischenablage für Text und die Optionen, Apps zu deinstallieren und WLAN-Logins hinzuzufügen. Ein Dashboard zeigt Basisinfos wie Android-Version, Akkustand, Speicherauslastung und WLAN-SSID an.
Wenn der Hilfesuchende ein Gerät erwischt hat, für das TeamViewer kein passendes Add-on bereitstellt, gibt es zwar keine richtige Fernsteuerung, Sie können aber den Bildschirminhalt sehen. Zudem können Sie Ihrem Gegenüber mitteilen, wo er tippen muss - mit Klicks beziehungsweise Tipps auf die passenden Stellen schicken Sie ihm kleine Zeigefinger-Icons.
Und iOS?
Hat der Hilfesuchende ein Gerät von Apple, stehen die Chancen in Sachen Fernwartung um einiges schlechter. Zwar bieten viele Hersteller auch Apps zum Zugriff auf iPhones und iPads an. Doch ist der Begriff "Fernwartung" hier eigentlich fehl am Platze. iOS erlaubt zwar eine Übertragung des Bildschirminhalts an andere Geräte, aber keine Fernbedienung - nicht einmal die Übertragung von Fingerzeigen ist möglich, wie TeamViewer sie auf Android ermöglicht, wenn kein Fernsteuer-Plug-in bereitsteht. Schuld daran sind allerdings nicht die Softwareentwickler, sondern die Firma Apple, die die Fernsteuerung von iOS schlicht nicht zulässt.
So beschränkt sich TeamViewers QuickSupport-App für iOS darauf, den Bildschirminhalt an den Helfer zu übertragen, Screenshots zu schicken und aus der Ferne WLAN-, Mail- und Exchange-Konten hinzuzufügen. Außerdem lassen sich Basisinfos wie Akkustand, RAM- und CPU-Auslastung, freier Speicher, iOS-Versionsstand und Ähnliches auslesen; auch ein Text-Chat ist möglich.
Der Funktionsumfang von AnyDesk auf iOS ist ähnlich simpel: Es gibt eine gemeinsame Zwischenablage und die Möglichkeit, Screenshots zu erstellen. Chat-Nachrichten vom Helfer laufen wie auf Android ins Leere. Außerhalb der AnyDesk-App hat man bei bestehender Verbindung nur rund 25 Sekunden Zeit, bis in iOS eine Benachrichtigung darauf hinweist, dass die Verbindung getrennt wird, sofern man die AnyDesk-App nicht innerhalb von weiteren fünf Sekunden in den Vordergrund holt. Weil das auf Dauer schnell lästig wird, empfiehlt sich AnyDesk auf iOS vor allem für schlichtere Supportfälle, in denen Sie nur kurz eine Einstellung einsehen oder ein Fehlerbild mit eigenen Augen sehen müssen.
spiegel
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