Gareth Bale lächelte vor sich hin. Die Arme vor dem Körper verschränkt, schaute er zu, wie seine Teamkollegen von Real Madrid Trainer Zinedine Zidane in die Luft warfen. Wieder und wieder. Dass Gareth Bale da so am Rande der Gruppe stand, lächelte und nichts weiter machte, das war höchst pietätvoll. Und nicht unbedingt zu erwarten. Der Mann, der einst 100 Millionen Euro gekostet hatte, der so toll Fußball spielen konnte, der hatte zuletzt vor allem eines: provoziert. Mal stellte er sich während der Spiele schlafend (auf der Bank), mal machte er bizarre Fernglas-Mäzchen. Jede Aktion war eine gegen seinen Trainer, gegen seinen Arbeitgeber.
Nun aber, als die Königlichen am späten Donnerstagabend ihre 34. Meisterschaft in der spanischen Liga eingefahren hatten, da gab's walisische Milde in der Hauptstadt. Aber selbst eine neue (bislang zumindest nicht bekannte) Provokation hätte die Feierlichkeiten wohl kaum gestört. Denn gestört haben sich die Madrilenen in den vergangenen Wochen ohnehin nicht an den Peinlichkeiten ihres Luxus-Reservisten. Mit königlicher Perfektion ist die Mannschaft um Nationalspieler Toni Kroos durch die Liga gerauscht, hat alle zehn Spiele nach dem Corona-Restart gewonnen.
Mit dieser maximalen Ausbeute wurde Erzrivale und Serienmeister Barcelona noch abgefangen, der vor der Zwangspause mit zwei Punkten Vorsprung an der Ligaspitze stand. Doch Patzer gegen leichte Gegner, interne Querelen und ein Coach, Quique Setien, der angezählt ist, ließen die Katalanen um Superstar Lionel Messi aus dem Tritt - oder aber eigentlich gar nicht mehr richtig in Tritt kommen. Probleme, die ihnen in der Hauptstadt völlig egal sind, wenn auch nicht fremd. Denn auch Real stolperte, ehe Zidane am 19. März 2019 als Trainer zurückkehrte und das wankende Ensemble nach und nach stabilisierte.
"Keine Worte für die Emotionen"
"Das Gefühl ist gewaltig, denn was die Spieler geleistet haben, ist beeindruckend. Ich habe keine Worte für die Emotionen, die ich habe", bekannte der Weltmeister von 1998 nach dem ersehnten Triumph, dem ersten seit der Saison 2016/17. "Es ist ein beeindruckendes Team", lobte Zidane, der folglich auch als Macher des Erfolgs gilt. Den Titel nun holte der 48-Jährige mit vielen Spielern, auf die er schon in seiner ersten Amtszeit von 2016 bis 2018 setzen konnte und mit denen er dreimal die Champions League gewann. "Wir glauben an ihn, an alles, was er sagt", schwärmte die spielende Klublegende und Abwehrchef Sergio Ramos. "Dieser Erfolg ist das Ergebnis harter Arbeit und von Beharrlichkeit."
Tatsächlich fußte das Spiel der Königlichen in den vergangenen Monaten weniger auf dem Spektakel, das die Fans von ihren Fußballern erwarten, stattdessen formierten die Madrilenen ein Bollwerk, das kaum zu überwinden war, mit einem überragenden Ramos und einem ebenfalls überragend aufspielenden Linksverteidiger Ferland Mendy, der vor der Saison für 50 Millionen Euro aus Lyon gekommen war. Nach dem Powersprint aus der Zwangspause gab's nur vier Gegentore in zehn Spielen.
Nach der Meisterschaft liegt der Fokus nun auf der Endrunde der Champions League in Portugal. Der Abonnementsieger der Königsklasse, der den Pott allein zwischen 2014 und 2018 viermal gewann, hat das Ticket für Lissabon allerdings noch nicht sicher. Am 7. August muss zunächst bei Manchester City von Ex-Barca-Coach Josep Guardiola das 1:2 aus dem Hinspiel wettgemacht werden.
Quelle: ntv.de, tno
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