Nachdem auch nach Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson Fälle von Thrombosen aufgetreten sind, gerät der sogenannte Vektor unter Verdacht. Die beiden Vakzine nutzen ein an sich harmloses Adenovirus, um damit Erbinformationen des Virus in den Körper zu schleusen. Darin unterscheiden sie sich von den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna, bei denen das genetische Material in einem Fetttropfen bis zu den körpereigenen Zellen reist. Dass ausgerechnet die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson die gleichen Probleme bereiteten, spreche dafür, dass der Vektor selbst die Ursache sei, zitiert die Nachrichtenagentur dpa den Thrombose-Spezialisten Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn. Allerdings sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ.
Johnson & Johnson wichtiger Teil der deutschen Impfkampagne
Der SPD-Gesundheitspolitiker Lauterbach stellte im Deutschlandfunk ähnliche Vermutungen an: Die Sinusvenenthrombosen seien wie beim anderen Vektorimpfstoff von AstraZeneca auch bei Johnson & Johnson zu erwarten gewesen. Dennoch rechnet er mit einem raschen Impfstart mit dem Serum, das wegen einer Besonderheit bislang als Hoffnungsträger galt: Eine Dosis stellt bereits den vollen Impfschutz her. Bis Ende Juni sollten in Deutschland eigentlich zehn Millionen Menschen damit immunisiert werden.
Der Impfstoff von Johnson & Johnson ist in der EU zwar zugelassen, wurde bisher jedoch nicht verimpft. Der Hersteller verschob die für diese Woche geplante Markteinführung, nachdem in den USA Fälle von Thrombosen nach Gabe des Wirkstoffs aufgetreten waren. In Deutschland könnte laut Lauterbach wegen der Thrombosen möglicherweise die Einschränkung erfolgen, dass das Vakzin nur bei Über 60-Jährigen genutzt werden soll. Das könnte dazu führen, dass womöglich nur noch mRNA-Impfstoffe für Jüngere verwendet werden dürfen, sagte Lauterbach – es sei aber immer wieder zu betonen, dass das Risiko auch bei Vektorimpfstoffen sehr gering sei.
Mehr Impfreaktionen bei Vektor-Impfstoffen?
Das in Deutschland für Impfstoffsicherheit zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat in seinem jüngsten Sicherheitsbericht Meldungen über mögliche Impfreaktionen bis zum 02.04.2021 erfasst. Darunter sind auch leichtere Symptome wie Gliederschmerzen und Fieber erfasst. Errechnet man aus allen Meldungen die Quote für jeden Wirkstoff, so wurden bei Biontech 0,12 Prozent und bei Moderna 0,16 Prozent aller durchgeführten Impfungen unerwünschte Reaktionen berichtet. Bei AstraZeneca waren es 0,58 Prozent. Bei allen drei Vakzinen betraf davon etwa jede zehnte Meldung schwerwiegendere Symptome.
Die Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen aus Deutschland nach der Zulassung ist laut PEI für AstraZeneca derzeit höher als die für die beiden mRNA-Impfstoffe – gemeldet würden insbesondere Fieber, Schüttelfrost und grippeähnliche Beschwerden. Ein Erklärungsansatz hierfür ist laut PEI jedoch auch die höhere mediale Aufmerksamkeit für den Impfstoff.
Nur wenige Thrombosen bei mRNA-Impfstoffen
Das PEI beziffert die Häufigkeit von Thrombosen nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff mit etwa einem von 100.000 Fällen. In Deutschland wurden bislang 64 Verdachtsfälle auf sogenannte Thrombozytopenie nach einer AstraZeneca-Impfung gemeldet. In 53 Fällen waren laut PEI dabei Frauen betroffen – allerdings haben bislang auch mehr Frauen als Männer den Impfstoff erhalten. Bei Moderna gab es bislang keine vergleichbare Meldung, bei Biontech 17. Auch hier war die Mehrzahl der Betroffenen (zwölf Personen) weiblich.
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA stufte in ihrem Anhang zum Zulassungsbericht des AstraZeneca-Impfstoffs die Thrombozytopenie als „sehr selten“ beobachtete Impfreaktion ein. Deshalb bleibt der Wirkstoff in der EU uneingeschränkt zugelassen, während die Ständige Impfkommission für Deutschland nur noch die Verwendung bei Über 60-Jährigen empfiehlt.
Ins Schlaglicht geraten war AstraZeneca jedoch wegen einer speziellen Blutgerinnungsstörung, nämlich bei Thrombosen an zentralen oder Sinus-Venen im Hirn. Im PEI-Bericht ist von 42 Fällen die Rede, und zwar zu 83,3 Prozent bei Frauen. Nach der Gabe des Biontech-Impfstoffs traten demnach bei sieben Personen (drei Frauen, vier Männer) Sinusvenenthrombosen auf. Diese Zahl sei unter Berücksichtigung der verimpften Dosen gegenüber der erwarteten Zahl von Sinusthrombosen nicht erhöht, schreibt das PEI in seinem Sicherheitsbericht.
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