Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer dringen auf zügige Gespräche. "Die Welt wartet nicht auf uns", sagte die CDU-Vorsitzende in ihrer Neujahrsansprache. Aus Seehofers Sicht muss die Bildung der neuen Regierung spätestens Anfang April - zu Ostern - beendet sein. "Sonst würde ich sagen, wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht als Berufspolitiker, wenn man in einer solchen Zeit keine Regierungsbildung zusammenbringt", sagt er.
Allerdings belasten bereits vor Beginn der Sondierungen weitreichende Forderungen der möglichen Koalitionspartner die Gespräche. Die SPD sieht die Union am Zug: CDU und CSU müssten sich auf die Sozialdemokraten zubewegen, sagte die Vizevorsitzende Manuela Schwesig.
CSU-Beschlüsse gegen die SPD
Doch die CSU geht derzeit auf Konfrontationskurs zu den Sozialdemokraten. Für die Christsozialen hat das entscheidende Landtagswahljahr begonnen. Aus der Partei wurden in den vergangenen Tagen Beschlussvorlagen für die traditionelle Winterklausur ihrer Bundestagsabgeordneten in Kloster Seeon bekannt, die das Gegenteil von dem festschreiben, was die SPD will: den Wehretat stark erhöhen, die Integration in der EU begrenzen, Grenzkontrollen, die sozialdemokratischen Bildungsreformen zurückdrehen. Zum Jahreswechsel wurde ausgiebig über das sogenannte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich gestritten.
Nun kommt ein weiteres Papier hinzu. "Damit Deutschland nicht weiter Anziehungspunkt für Flüchtlinge aus der ganzen Welt ist, wollen wir die Sozialleistungen für Asylbewerber kürzen", sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem "Münchner Merkur". Dazu will die CSU der Zeitung zufolge den Zeitraum von bisher 15 auf 36 Monate verlängern, in dem Asylbewerber nur einen Grundbedarf erstattet bekommen, bevor sie dann Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe erhalten.
Gleichwohl appellierte der CSU-Unterhändler Joachim Herrmann an die Sozialdemokraten, eine neue Große Koalition zu ermöglichen. Er hoffe, dass sie ihre demokratische Verantwortung genauso spürten wie die Union, sagte Bayerns Innenminister der Funke-Mediengruppe. Zugleich warnte er vor Illusionen über die Möglichkeit einer Minderheitsregierung. Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit auf europäischer Ebene zeige, "dass uns dieses Gerede über Minderheitsregierungen überhaupt nicht weiter bringt", erklärte er. "Wir brauchen dringend klare Mehrheiten im Parlament, wir brauchen verlässliche Koalitionen."
GroKo langfristig teurer?
Der CDU-Wirtschaftsrat appellierte allerdings an die bayerische Schwesterpartei, lieber eine Minderheitsregierung zu bilden, als auf eine Fortsetzung der Großen Koalition zu setzen. "Wenn aber in Berlin die Weichen durch eine Weiter-so-GroKo falsch gestellt werden, wirkt sich das auch südlich des Mains negativ aus", sagte der Generalsekretär der Vereinigung, Wolfgang Steiger, der "Augsburger Allgemeinen". Eine Minderheitsregierung von CDU und CSU, die sich im Bundestag für jedes einzelne Gesetzesvorhaben eine Mehrheit suchen müsste, sei "unter den schlechten die bessere Option für unser Land", so Steiger. Eine große Koalition würde auf jeden Fall langfristig teurer als eine Minderheitsregierung.
Auch CDU-Innenpolitiker Armin Schuster riet im Falle eines Scheiterns der GroKo-Bemühungen zu einer Minderheitsregierung der Union mit den Grünen. "Auch wenn es vielleicht nur eine begrenzte Zeit funktionieren würde, es wird Zeit, dieses Experiment zu testen", sagte er der "Heilbronner Stimme".
Neben Schwesig zeigte sich auch der SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel skeptisch zur Bildung einer Koalition mit der Union. "Einige Äußerungen aus der Union der letzten zwei Wochen lassen mich erheblich am Willen zweifeln", sagte er der "Passauer Neuen Presse". CDU und CSU seien auf die SPD angewiesen, weil eine Jamaika-Koalition nicht zustande gekommen sei. "Das scheinen viele in der Union noch immer nicht begriffen zu haben", sagte er. "Die Minderheitsregierung bleibt eine Option, auch wenn Kanzlerin Angela Merkel das nicht wahrhaben will."
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert lehnte eine Fortsetzung der GroKo ebenfalls ab. "Wir sind weiterhin zwingend der Überzeugung, dass die große Koalition am 24. September kein erneuertes Mandat bekommen hat, eine Regierung zu bilden", sagte er im Deutschlandfunk.
Optimistisch äußerte sich dagegen die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie sehe "genügend Schnittmengen", um eine "stabile, eine verlässliche und eine nach vorn gerichtete Regierung" zu bilden, sagte die CDU-Politikerin dem ZDF. Zugleich forderte sie die Beteiligten auf, auf "ideologische Scheingefechte" zu verzichten.
Quelle: n-tv.de
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